Kreisbrandrat Vogl warnt:Feuerwehren in Personalnot

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Die sogenannte Tagesalarmsicherheit ist in drei Gemeinden nicht mehr gegeben. Zudem steigt die Zahl der Fehlalarme. Künftig werden die Wehren keine Männerdomäne bleiben können: Frauen werden dringend gebraucht

Von Thomas Daller, Landkreis

Seit Jahren warnen Feuerwehrkommandanten und Kreisbrandräte vor diesem Fall, nun ist er eingetreten: Im Landkreis Erding gibt es mittlerweile drei Gemeinden, die nicht genannt wurden, bei denen die Tagesalarmsicherheit nicht mehr gegeben ist. Darauf hat Kreisbrandrat Willi Vogl beim Kreisfeuerwehrtag aufmerksam gemacht. Das Thema sei "sehr ernst" und könne sich noch verschärfen. Weil die Zahl der Fehlalarme deutlich gestiegen ist, könnte die Bereitschaft der Arbeitgeber der Feuerwehrleute sinken, sie bei einem Alarm von der Arbeitsstätte wegzulassen. Zudem lässt bei Fehlalarmen auch die Einsatzbereitschaft der Feuerwehrleute nach.

Seit Jahrzehnten wird es für die Freiwilligen Feuerwehren immer schwieriger, Aktive zu gewinnen, die während der täglichen Arbeitszeit bei einem Alarm ausrücken können. Das funktioniert noch bei Handwerkern, die in einem örtlichen Betrieb arbeiten, oder beispielsweise bei Landwirten. Aber wer zu seinem Arbeitsplatz auspendeln muss, steht für die Tagesalarmsicherheit nicht zur Verfügung.

Hinzu kommt die weiter steigende Zahl von Fehlalarmen. Im Landkreis sind es etwa 240 pro Jahr. Bei der Erdinger Feuerwehr hat sich die Zahl der Fehlalarme im Jahr 2015 im Vergleich zu 2014 mit 69 Fehlalarmen fast verdoppelt. Auch in Oberding gibt es eine sehr hohe Zahl von Fehlalarmen. In beiden Kommunen gibt es vergleichsweise viele Hotels und Unternehmen, in denen Brandmeldeanlagen installiert sind. "Mal raucht einer in einem Hotelzimmer und löst die Meldeanlage aus, mal reißt in einer Spedition ein Staplerfahrer den Sprinklerkopf ab", erläuterte Kreisbrandinspektor Lorenz Huber aus Oberding die Vorfälle. "Wir hatten auch schon während der Oktoberfestzeit einen US-Amerikaner, der hat den roten Druckknopf für den Serviceruf für das Hotelpersonal gehalten."

Mit Veranstaltungen wie dem Kreisfeuerwehrtag werben die Floriansjünger um Nachwuchs. (Foto: Stephan Goerlich)

Vor wenigen Jahren dachte man noch, man könne dieses Problem lösen, indem man Kosten für einen Fehlalarm erhebt. So schlägt beispielsweise der einstündige Einsatz eines Löschgruppenfahrzeugs in Oberding mit 180 Euro zu Buche und jeder einzelne Feuerwehrler zusätzlich mit 17,50 Euro je Stunde. Ähnliche Sätze gibt es laut Huber mittlerweile in allen Städten und Gemeinden des Landkreises. Damit wollte man erreichen, dass schlecht gewartete oder schlecht platzierte Brandmelder überprüft werden: "Wir haben es auch schon erlebt, dass der Rauchmelder in der Küche installiert war. Das ist natürlich dämlich", sagte Huber. Deshalb wurden nicht nur Kosten erhoben, sondern die Feuerwehren waren zudem beratend tätig, um Planungsfehler bei den Brandmeldeanlagen zu beseitigen. Bei manchen Unternehmen funktioniere das auch einwandfrei, betonte Huber, bei anderen jedoch nicht.

Insbesondere wenn Gewerbehallen immer wieder neu vermietet oder neu untervermietet werden, steige die Zahl der Fehlalarme wieder an. "Da wird ein Stapel Paletten an die Wand gestellt, wo sich der Feueralarmknopf befindet." Außerdem komme hinzu, dass sich auch immer mehr neue Unternehmen in Oberding und Erding ansiedeln; auch das sei eine Quelle für weitere Fehlalarme.

Wenn nun auch noch die Tagesalarmsicherheit in drei Gemeinden nicht mehr gegeben sei und somit die zehnminütige Hilfsfrist durch benachbarte Feuerwehren nicht eingehalten werde, könne das bis aufs Baurecht durchschlagen, warnte Kreisbrandinspektor Huber. Bei Bauanträgen von neuen Unternehmen könnte neben der Brandmeldeanlage eine Sprinkleranlage zur Auflage gemacht werden oder dass größere Unternehmen eine eigene Werksfeuerwehr unterhalten müssten. Über solche Werksfeuerwehren verfügen im Landkreis beispielsweise der Flughafen oder das Polstermöbelwerk Himolla in Taufkirchen.

Kreisbrandrat Willi Vogl. (Foto: Peter Bauersachs)

Mittelfristig könnte die Zahl der Gemeinden, in denen die Tagesalarmsicherheit nicht mehr gegeben ist, auch im Landkreis weiter steigen. Wie eine Studie im Auftrag des Landesfeuerwehrverbandes Bayern aus dem Jahr 2011 ergeben hat, wird sich die Mitgliederzahl der Freiwilligen Feuerwehren in den darauf folgenden 20 Jahren um knapp 15 Prozent verringern. Von den sieben Regierungsbezirken wird Oberbayern dabei zwar am geringsten betroffen sein, kommt aber auch nicht ungeschoren davon.

Der Bayerische Landesfeuerwehrverband setzt daher auf seine Kampagne: "Frauen zur Feuerwehr". Denn sie seien in vielen Fällen während der Woche eine wichtige Stütze der Einsatzabteilungen, "da sie am Wohnort verfügbar sind und ihrer Aufgabe uneingeschränkt gerecht werden", wie Kreisbrandrat Willi Vogl betonte. Im Landkreis Erding gibt es derzeit etwa 380 weibliche Aktive, sie stellen einen Anteil von knapp über zehn Prozent. Bayernweit sind 26 000 Frauen bei der Feuerwehr von insgesamt 330 000 Aktiven. Im Landkreis liegt somit der Anteil der Frauen bei der Feuerwehr im Landkreis bereits über dem Landesschnitt.

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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