Kommentar:Lastenverteilung sieht anders aus

Lesezeit: 1 min

Kindergärten, Schulen, Straßen: Die Kommunen müssen die Kosten tragen, die ein solches Projekt nach sich zieht.

Von Gerhard Wilhelm

Die Flughafen München Gesellschaft (FMG) ist immer für Überraschungen gut. Sie selbst verkauft sich stets als Erfolgsstory. Mehr Fluggäste, mehr Ziele, die weltweit angeflogen werden. Der Flughafen als Motor der bayerischen Wirtschaft, Jobbringer, Steuerzahler und Sponsor vieler Projekte, auch sozialer Projekte in der Region. Kurz: Es brummt, weil es den Flughafen gibt, der aber laut FMG-Chef Michael Kerkloh ohne dritte Startbahn bald nicht mehr der Motor sein wird.

Die Idee einer unternehmens- und branchenübergreifenden Ideenfabrik zwischen den zwei Start- und Landebahnen ist gut. Das Vorhaben gilt schon jetzt als eines der größten Entwicklungsprojekte in Deutschland. Der Verkehrsknotenpunkt mit rund 260 Flugzielen und 45 Millionen Fluggästen im Jahr biete ein großes Potenzial an Kunden und Geschäftspartnern für die auf dem Lab Campus angesiedelten Unternehmen, wie die FMG sagt. Es hört sich alles überzeugend an, wenn man nur die positiven Aspekte liest: 20 000 neue Job, neue Innovationen, die den Airport als neues Silicon Valley erstrahlen lassen sollen.

Doch von wem sollen die Stellen besetzt werden? Der Arbeitsmarkt ist gesättigt, also bleibt nur der Zuzug, auch wenn die FMG erwartet, dass einige Jobs von München auf den Flughafen wandern. Und wo sollen all die Beschäftigten wohnen? Stolz verkündet die FMG seit Jahren, dass sie selber 600 Wohnungen bauen und demnächst in Hallbergmoos 132 anmieten will. Selbst wenn nur die Hälfte tatsächlich auf dem Markt unterkommen müsste, sind 600 Wohnungen gegenüber 10 000 ein Tropfen auf dem heißen Stein. Damit wird das Angebot noch mehr reduziert, die Mieten werden weiter steigen - und viele, die sich zurzeit noch eine Wohnung leisten können, werden von den vermutlich Besserverdienenden am Lab Campus verdrängt werden.

Hinzu kommen die Kosten für die Infrastruktur, die die umliegenden Kommunen zu tragen haben: neue Kindergärten, neue Schulen, Straßenbau und so weiter. Wenn die FMG auf die Steuern verweist, die doch den Kommunen letztlich zugute kommen, betreibt sie Schönrechnerei. Die Kosten übersteigen massiv den Beitrag der FMG. Erdings OB Max Gotz fragte zurecht, wo denn beispielsweise der finanzielle Beitrag des Flughafens beim Erdinger Ringschluss bleibe, der die Stadt zwar 35 Millionen Euro koste, aber die Zugverbindung wird vor allem dem Airport nütze. Würde man eine realistische Kosten-Nutzen-Rechnung machen, würde die FMG das Projekt nicht in Angriff nehmen. So aber sind die Lasten ungleich verteilt.

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: