Kommentar:Eine berechtigte Forderung

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Die Idee, die NSDAP-Vergangenheit von Franz Xaver Stahl zu erforschen, kommt von der SPD. Das überrascht eigentlich nicht

Von Antonia Steiger

Horst Schmidt hat recht: Die Rolle Franz Xaver Stahls in der Zeit des Nationalsozialismus ist einer näheren Betrachtung wert. Schon die wenigen Sätze, die Heike Kronseder auf Schmidts Vorschlag erwiderte, bewiesen das in aller Deutlichkeit: 1939 sei Stahl durch einen Förderer, dessen Namen Kronseder nicht nannte, dazu aufgefordert worden, der NSDAP beizutreten. Er habe sich diesem Wunsch zunächst widersetzt, 1942 sei er aber doch eingetreten. Die Witwe habe gesagt, Stahl hätte 1944 wieder austreten wollen. Dafür hat Kronseder eigenen Worten zufolge aber keine Belege gefunden. Es gebe jedoch Entnazifizierungsprotokolle, in denen Stahl als "Mitläufer" klassifiziert wird. Und das soll keinen Stoff für eine Facharbeit hergeben? Es ist doch wohl eher so, dass ein interessanterer Stoff kaum denkbar ist.

Erding ist soeben dabei, "seinen" Franz Xaver Stahl neu zu entdecken. Sein ehemaliges Wohnhaus ist ein Schatzkästchen, das von Heike Kronseder mit allergrößter Fürsorge gehegt und gepflegt wird. Die Stadt Erding hat es geschafft, das Interesse der Erdinger Bürger an diesem Maler zu wecken. Nun möchte man wohl auch überregional ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Das ist in völlig Ordnung. Nur sollte nicht gleichzeitig der Anschein erweckt werden, man wolle das Thema Nationalsozialismus möglicherweise ausklammern. Wenn es dort etwas zu entdecken und zu erforschen gibt, wenn es Belege und Hinweise gibt, die zusammengetragen, analysiert und aufbereitet werden können, dann sollen das interessierte Schüler tun. Das Museum möge ihnen dabei hilfreich zur Seite stehen.

Dies war eine wichtige Wortmeldung von Horst Schmidt, dem Sprecher einer SPD-Fraktion, der es ansonsten schwer fällt, sich in dem von einem manchmal sozialdemokratisch angehauchten CSU-Bürgermeister geführten Stadtparlament zu profilieren. Die Forderung nach der Analyse der nationalsozialistische Vergangenheit des Malers Stahl - auch falls sie sich auf eine zweijährige Parteimitgliedschaft beschränkt - ist und bleibt berechtigt. Sie konnte in diesem Stadtrat eigentlich nur von Schmidt kommen. Er hat sich auch als Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung stets für die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus engagiert.

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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