Jubiläum:Spaß und Spucke

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Hans-Joachim Thal fährt seit 25 Jahren den Herbstfestbus, der nach wie vor beliebt ist. (Foto: Schmidt)

Hans-Joachim Thal fährt seit 25 Jahren den Herbstfestbus

Von Sebastian Fischer, Erding

Einmal, sagt Hans-Joachim Thal, war es schlimm: Da hatte er plötzlich eine Faust unterm rechten Auge. Vor drei Jahren fuhr er wie jeden Abend während des Herbstfests seinen dreiachsigen Bus aus Erding nach Williamsville, draußen dämmerte es, drinnen war so mancher Fahrgast betrunken. Auch der Mann, der auf einmal nach vorne wankte und brüllte, er wolle nicht nach Williamsville, verdammt, sondern nach Altenerding, in die andere Richtung - da sollte ihn der Busfahrer gefälligst hinfahren! Als Thal sagte, er könne ihn gerne später wieder mitnehmen zum Herbstfest, dort führe noch ein Bus gen Süden, schlug der Mann aufs Armaturenbrett. Als Thal ihn hinaus bat, schlug ihm der Mann ins Gesicht. Als die Polizei kam, war er geflüchtet und Thals Auge blau und geschwollen. Er sei dann noch den ganzen Abend lang weitergefahren, klar, seine Gäste mussten ja nach Hause. Um 1 Uhr nachts, nach der Arbeit, fuhr er ins Krankenhaus.

Hans-Joachim Thal, 65, pensionierter Berufssoldat, sagt, er könne ein Buch schreiben. Seit 25 Jahren fahren Sonderbusse die Menschen aus dem Landkreis zum Herbstfest nach Erding, dessen 75. Auflage an diesem Wochenende endet. Thal ist seit 25 Jahren dabei.

Im Jubiläumsjahr werden die für Herbstfestbesucher kostenlosen Busse allenthalben gelobt. "Eine brillante Idee", nannte Oberbürgermeister Max Gotz sie jüngst, die zeige, dass die Politik mit Steuergeld verantwortungsvoll umgehe. Durch die Busse werde "viel Ungutes verhindert." Auch Thal lobt die Zusammenarbeit mit der Stadt, die inzwischen die Busse finanziert, und auf die Hinweise der Busfahrer eingeht. So wurde zum Beispiel die Haltestelle an der Kreuzung vor dem Herbstfesteingang verlegt, damit niemand über die Straße laufen muss, um den Bus zu erreichen. Und in diesem Jahr wurde ein separater Parkplatz für Fernbusse eingeführt.

Vor 25 Jahren war die Politik noch etwas skeptischer. Damals brauchte es die Initiative des damaligen Erdinger Mercedes-Chefs Günter Lassak, der einen Bus zur Verfügung stellte, und von Reisebusunternehmer Anton Linner, dem Gründer des Fuhrunternehmens Linner, für das Thal fährt. Zwei Jahre später kamen die Stadtbusse der Firma Scharf dazu. Inzwischen fahren mehrere Linien täglich von nachmittags bis nach Mitternacht.

Hans-Joachim Thal hat in 25 Jahren kein Jahr ausgelassen, es macht ihm einfach Spaß, sagt er. Auch wenn ihm in diesem Jahr gleich am ersten Tag ein Mädchen in den Bus "gespuckt" habe, so nennt er das, es kommt natürlich immer wieder mal vor. Doch es überwiegen die schönen Erinnerungen: Stammgäste bringen ihm Fisch- und Schnitzelsemmeln, auf dem Rückweg wird oft gesungen, das sei schon eine schöne Gaudi. Faszinierend findet er, wie sich die Menschen in vier Stunden zwischen Hin- und Rückweg verändern könnten. Manchmal brausen sie zu später Stunde auf, schimpfen, drängeln. Doch Thal sagt, was ein schöner Schluss für sein Buch wäre: "Man muss nur mit den Leuten reden, dann geht alles."

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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