IHK-Umfrage in Erding und Freising:Unternehmer sehen Wachstum gefährdet

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Die Firmen sind zwar überwiegend zufrieden, aber sie sehen Handlungsbedarf. Die Bürokratie müsse abgebaut und mehr Gewerbeflächen ausgewiesen werden. Dazu kommt der Fachkräftemangel

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Die Unternehmer in den Landkreisen Erding und Freising sind überwiegend zufrieden mit ihrem Standort. Dies zeigt eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern, bei der 40 Faktoren wie beispielsweise zur Situation der Infrastruktur, des Arbeitsmarktes oder der Wirtschaftsfreundlichkeit der Verwaltung abgefragt wurden. Aber trotz guter Noten mahnen die Unternehmer Handlungsbedarf an. Und zwar bei der Verfügbarkeit von Gewerbeflächen und bei der Unternehmerfreundlichkeit in beiden Landkreisen. In Erding wird zudem die teilweise geringe Breitbandversorgung kritisiert, in Freising die Personalkosten. Einig ist man sich bei der IHK darin, dass der Mangel an Wohnraum zunehmend zum negativen Standortfaktor werde.

Die Umfrage der IHK hatte nach 2015 zum zweiten Mal stattgefunden. Jeweils rund 2000 Firmen waren in den Landkreisen angeschrieben worden, der Rücklauf lag bei 120 in Erding und 117 in Freising. Ein Thema wurde explizit nicht erfasst: der Flughafenausbau. Der Standpunkt der IHK ist in dem Punkt klar: Aus wirtschaftlichen Gründen sei der Ausbau, "wenn auch schweren Herzens", notwendig, wie IHK-Regionalausschussvorsitzender Otto Heinz sagte. In Schulnoten von 1 bis 5 wurde Erding mit 2,2 (2015 lag die Note bei 2,1) und Freising mit 2,0 (2,2). Die guten Ergebnisse spiegelten die Angaben über Zufriedenheit mit dem Standort wieder. In Erding würden sich 79 Prozent der Unternehmer wieder ansiedeln, in Freising sogar 85 Prozent.

Kritisiert wurde in beiden Landkreisen das Angebot an Gewerbeflächen und auch an Wohnraum. Zweites großes Thema: der Fachkräftemangel sowie zu viel Bürokratie. "Das wichtigste Gut einer Firma ist das Personal. Langsam aber sicher kommen die Firmen dabei in ernst zu nehmende Schwierigkeiten", sagte Heinz. Die Folgen sehe man bereits heute: Aufträge müssten verschoben oder sogar abgelehnt werden. Innovation, Forschung und Erschließung neuer Märkte würden auf der Strecke bleiben. Auch das Thema Ausbildung würde immer schwerer, wie man an den nicht besetzten Plätzen sehe. Forciert werde in dem Punkt die Integration von Flüchtlingen. Auch dort sei ein Abbau der Bürokratie in den Verwaltungen dringend notwendig. "Ein Dauerbrenner", wie Heinz sagte. Unternehmen kommen weitaus öfter mit Verwaltungen in Kontakt. Es sei zum Beispiel ein Unding, dass Genehmigungsverfahren bis zu zwei Jahren dauern. "Das hemmt extrem: die Investitionen, die Arbeit und letztlich die Sicherung der Arbeitsplätze."

Geklagt wurde zudem über nicht ausreichende Entwicklungsmöglichkeiten für Firmen durch Gewerbegebietsausweisungen. "Ohne die gerät die Wirtschaft ins Stocken. Deshalb fordern wir die Bereitstellung von Flächen, und zwar zu erschwinglichen Preisen." Das sei vor allem für ansässige Firmen wichtig. Es müsse aber auch im Wohnungsbaubereich mehr ausgewiesen werden. Das sei auch im Interesse der Mitarbeiter der Firmen. Dazu werde gerade ein Forderungspapier für die Politik erarbeitet, es gehe um die stärkere Mobilisierung von Bauland, Baukostenreduzierung und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.

Kritik wurde an der Stadt Erding geäußert, sie habe in den vergangenen Jahren kaum Wohnflächen ausgewiesen. Unternehmen müssten sich in einer Marktwirtschaft fortentwickeln, sonst würden große Firmen dort investieren, wo sie die für sich besten Bedingungen finden. Dass der stetige Zuzug in den Großraum München an eine Grenze stoße, befürchtet IHK-Chefvolkswirt Robert Obermeier nicht: "Der Raum ist sicher gut belastet, aber im Vergleich zu anderen Großräumen in Europa oder Deutschland sind wir gut aufgestellt." Sicher gebe es Grenzen. "Aber es ist gefährlich, über die Grenzen des Wachstums zu diskutieren, weil dann die Leute dann woanders hingehen." Eine Entschärfung der Preissituationen bei Wohn- und Gewerbeflächen könne nur über Ausweisungen erfolgen, sagte Heinz. "Der Preis wird erst dann sinken, wenn das Angebot über die Nachfrage steigt."

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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