Gerichtsverhandlung:Aussage gegen Aussage

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Zeugen schildern Schlägerei unterschiedlich. Unbestritten ist, dass einem Mann ein Glas über den Kopf geschlagen wurde

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Ein Urteil in einer Schlägerei zu finden, wenn es keine unbeteiligten Zeugen gibt, ist keine leichte Aufgabe für einen Amtsrichter. Und so standen nach dem ersten Verhandlungstag im Fall einer gefährlichen Körperverletzung die Aussagen der beiden Angeklagten und von zwei Zeugen aus ihrer Clique im Gegensatz zu der von drei Türken. Jeder behauptete, dass der andere zuerst zugeschlagen habe. Das einzige, was nicht bestritten wurde: dass einer der Angeklagten einem 22-Jährigen bei der Auseinandersetzung ein Glas über den Kopf geschlagen hat. Die Verteidigung bestand am Schluss darauf, dass die beiden Frauen aus der Clique, die sich entschuldigen ließen, beim nächsten Mal angehört werden. Für die Staatsanwältin steht aber fest, dass die beiden Angeklagten zu Recht vor Gericht stehen. Einem Freund von ihnen hat sie sogar angedroht, ihn eventuell wegen Falschaussage anzuklagen.

Das Ganze hat sich am 28. Mai vergangenen Jahres kurz nach 1 Uhr vor einem Drogeriemarkt an der Landshuter Straße in Erding abgespielt. Nach Aussagen der beiden Angeklagten hatte man in einer nahen Bar Geburtstag gefeiert. Als man aufbrach, sei die Freundin des 30-jährigen Angeklagten in der Toilette der Bar sexuell belästigt worden. Als dies der 30-Jährige hörte, habe er sich auf den Weg gemacht, um "den Typ" zur Rede zu stellen. Vor dem Markt habe er einen gesehen, der der Beschreibung entsprach und ihn angeredet, ob er der sei, der seine Freundin belästigt habe. Aber da habe er schon aus der Clique gehört, dass dieser es nicht sei, worauf er sich umgedreht habe. Dann habe einer der drei jungen Männer gesagt, was er für Probleme habe und der 22-Jährige sei auf ihn zugegangen und habe ihn geschlagen. Er habe ihn im Reflex zurückgestoßen. Dann seien auch schon die beiden anderen über ihn hergefallen. Sein mitangeklagter Freund gab zu, dass er Angst um seinen Freund gehabt habe und ihm helfen wollte. Deshalb habe er mit dem Bierglas auf den Kopf des Angreifers geschlagen. Danach habe sich die Situation beruhigt und beide Gruppen seien auseinandergegangen. Einer der Türken habe noch gesagt, dass diesmal die Türken die Polizei rufen würden und nicht andersherum. Dies taten sie tatsächlich, denn aus ihrer Sicht sind die Deutschen die Angreifer gewesen. Und alle drei schilderten den Vorfall ziemlich ähnlich - im Gegensatz zu ihren Kontrahenten, die sich in einigen Details widersprachen. Und auch deutlich mit rund einem Promille alkoholisiert waren. Demnach habe der 30-Jährige sie tatsächlich, als sie eben in ihr Auto einsteigen wollten, gefragt, ob der 22-Jährige seine Freundin belästigt habe. Dann sei schon aus der anderen Clique der Ruf gekommen, dass er es nicht gewesen sei. Er habe dann zu ihnen gesagt: "Dann steigt in euren Türken-C-Klasse-Mercedes und verpisst euch." Worauf einer von ihnen gefragt habe, welches Problem er habe. Dann sei es ziemlich schnell gegangen. Er sei auf den 22-Jährigen zugegangen, habe ihn gegen das Auto geschubst und mit Fäusten zugeschlagen. Gegen den größeren Kontrahenten habe er keine Chance gehabt. In dem folgenden Handgemenge habe dann ein anderer dem 22-Jährigen das Bierglas über den Kopf gezogen.

Nach dem Anruf war die Polizei in rund zehn Minuten da. Die beiden heute Angeklagten hatten sich da aber schon vom Tatort entfernt und ihre Freunde wollten deren Namen nicht nennen, wie der vor Ort anwesende Polizeibeamte sagte. Auch die Belehrung, dass eine Strafvereitelung strafbar sei, habe nicht geholfen. Die beiden heute Angeklagten hätten sich aber am nächsten Tag über ihre Anwälte gemeldet.

Die Verhandlung wird mit den beiden nicht erschienenen Frauen aus der Gruppe der Angeklagten am Mittwoch, 27. Juni, fortgesetzt. Richterin Michaela Wawerla hat aber anklingen lassen, dass sie wenig neue Erkenntnisse von den Aussagen erwarte.

© SZ vom 18.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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