Für einen neuerlichen Ansturm gerüstet:"Im Moment unverzichtbar"

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Frank-Jürgen Weise (2.v.r.) war mit Ewald Schurer (rechts) gekommen, um sich von Camp-Leiter Volker Grönhagen (2.v.l.) den Warteraum zeigen zu lassen. (Foto: Stephan Görlich)

Frank-Jürgen Weise, Beauftragter der Bundesregierung für Flüchtlingsmanagement, besucht den Warteraum Asyl am Fliegerhorst. Auf absehbare Zeit soll die Einrichtung nicht aufgelöst werden

Von Florian Tempel, Erding

Für Frank-Jürgen Weise, den Beauftragten der Bundesregierung für Flüchtlingsmanagement, ist der Warteraum Asyl am Fliegerhorst Erding "im Moment unverzichtbar". Der frühere Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat das Camp am Montag auf Einladung des SPD-Bundestagsabgeordneten Ewald Schurer besucht. Der Warteraum Asyl ist Eingangs- und Durchgangsstation für Flüchtlinge, die im Rahmen einer EU-Vereinbarung zur Entlastung Griechenlands und Italiens von Deutschland aufgenommen werden. "Wir sind heilfroh", sagte Weise, "dass es eine Einheit gibt, die sich darauf spezialisiert hat". Eine Verlegung des Erdinger Aufnahmezentrums sei nur "theoretisch" denkbar, praktisch aber nicht sinnvoll, da in Erding das Zusammenspiel der Mitarbeiter von Bamf, Rotem Kreuz, Bundeswehr und den Ehrenamtlichen des Vereins Flüchtlingshilfe Erding "so gut funktioniert".

Auch Schurer befand, der Warteraum sei eine "eingespielte, funktionstüchtige Einrichtung", die man "auf absehbare Zeit" nicht auflösen könne, weil sich Deutschland zur Aufnahme von Flüchtlingen von seinen EU-Partnern Italien und Griechenland verpflichtet habe. Die unlängst wiederholte Forderung von Landrat Martin Bayerstorfer und dem Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (beide CSU) scheint Schurer vor allem "parteipolitisch" motiviert.

Schurer erwartet, dass die Umverteilung von Flüchtlingen weitergehen wird, da doch zumindest ein Großteil von 20 EU-Staaten dazu bereit sei. Nach dem "Brexit-Schock" gebe es "eine gewisse Hoffnung und die Konsequenz", dass eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen in der EU als eine gemeinsame europäische Aufgabe angesehen und akzeptiert werde.

Der Leiter des Warteraums Asyl, Volker Grönhagen, wies neben der EU-internen Umverteilung von Flüchtlingen "auf unseren zweiten Auftrag" hin: Der Warteraum habe "die Fähigkeit, in kurzer Zeit auf 3500 Betten rauffahren zu können", sollte es zu einem neuerlichen Ansturm von Flüchtlingen kommen wie vor eineinhalb Jahren. Deshalb sollte auch die Behelfsbrücke über die Bundesstraße B 388, die im Winter 2015/16 aufgebaut wurde, um einen gefahrlosen Fußweg in die Stadt zu ermöglichen, seiner Ansicht nach erhalten bleiben. Nach wie vor gelte, dass jeder Flüchtling den Warteraum jederzeit verlassen könnte, wenn er wolle: "Ich habe hier kein Internierungslager." Von den eingeflogenen Flüchtlingen habe aber bislang keiner das Camp auf eigene Faust verlassen.

Seit Beginn des sogenannten Relocation-Programms im August 2016 sind insgesamt etwa 6600 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien über den Warteraum Erding nach Deutschland eingereist. Am Montag trafen knapp 260 Männer, Frauen und Kinder aus Griechenland ein. Grönhagen, wies daraufhin, dass alle Flüchtlinge vor ihrer Einreise sorgsam ausgewählt und mehrmals überprüft seien. Grundsätzlich werden nur Flüchtlinge aufgenommen, die eine sehr gute Bleibeperspektive haben. Aus Griechenland kommen fast ausschließlich Syrer und Iraker, aus Italien Eritreer. Die Flüchtlinge werden mit gecharterten Flugzeugen nach München eingeflogen. Alle steigen noch auf dem Vorfeld des Flughafens in Busse, die sie ins Camp nach Erding bringen. Dort werden sie registriert und ihre Daten in einer Vorakte für das eigentliche Asylverfahren gespeichert.

Nach einer Übernachtung im Warteraum Asyl werden die neuangekommenen Flüchtlinge am folgenden Tag per Bus in vorher ausgesuchte Erstaufnahemeinrichtungen in ganz Deutschland verteilt. Man bemühe sich, so Grönhagen, bestehende familiäre Beziehungen zu berücksichtigen. Pro Woche kommen ein oder zwei Mal Flüchtlinge in Erding an. Wenn Betrieb ist, arbeiten etwa 80 professionelle und ehrenamtliche Mitarbeiter im Camp. An Tagen, an denen nichts los ist, sind lediglich ein halbes Dutzend Sicherheitskräfte auf dem Gelände.

© SZ vom 04.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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