Försterinnen :Fast allein

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"Wo darf man schon seinen Hund mit auf die Arbeit mitnehmen?": Susann Schröcker (links) und Alexandra Hörand sind Försterinnen. (Foto: Stephan Görlich)

In Erding arbeiten bei der Waldbesitzervereinigung zwei Försterinnen - noch immer eine Ausnahme in einer Männerdomäne

Von Regina Bluhme, Erding

Hin und wieder passiert es immer noch, dass Susann Schröcker und Alexandra Hörand erstaunte Blicke ernten, wenn sie von ihrem Beruf erzählen. Die beiden jungen Frauen sind Försterinnen und gegenüber männlichen Kollegen klar in der Minderheit. Erst kürzlich hat der bundesweite Verein "Frauen im Forstbereich" eine Einstellungsquote gefordert. Die Waldbesitzervereinigung (WBV) Erding geht da schon länger mit gutem Beispiel voran und hat mit Schröcker und Hörand gleich zwei Försterstellen besetzt.

In grüner Uniform und mit dem Försterhut wird man die beiden aber nicht antreffen - diese Zeiten sind längst vorbei. Für das Zeitungsfoto schlüpfen Susann Schröcker und Alexandra Hörand in die soeben gelieferten rot-schwarzen Softshell-Jacken mit dem knallgrünen Logo der Waldbesitzervereinigung. Die Dienstkleidung durften sich die beiden Försterinnen selbst aussuchen, "und ein bisschen schick sollte es schon aussehen", sagt Alexandra Hörand. Die nagelneuen Jacken passen prima und lachend stellen sich die beiden für das Foto auf. Mit aufs Bild kommen Birka, der Deutsch Langhaar von Susanne Schröcker, sowie Alexandra Hörands Hund Runa, ein Australian Shepherd. Denn das hat sich nicht geändert: Förster und Hund, das gehört zusammen.

Die beiden Frauen haben Forstwissenschaften studiert. Hörand, die seit 2013 beim WBV Erding beschäftigt ist, hat in Weihenstephan ihren Abschluss gemacht, Schröcker, die seit vergangenem Jahr dabei ist, in Tharand bei Dresden. Zusammen sind sie im Landkreis Erding für aktuell 1532 Mitglieder und eine Fläche von rund 6944 Hektar Wald zuständig. Die Grundstücke gehören Privatleuten und Kommunen, wobei die Mehrzahl der Mitglieder sogenannte Kleinwaldbesitzer sind. Susann Schröcker hat die Zahlen: 923 Mitglieder besitzen zum Beispiel eine Fläche zwischen einem bis 4,9 Hektar, 252 eine Fläche von fünf bis 9,9 Hektar.

Laut dem bundesweit aktiven Verein "Frauen im Forstbereich" beträgt der Anteil der Frauen in den Forststudiengängen etwa 25 bis 30 Prozent, doch der Anteil im Beruf liege weit darunter. Ein Blick zu benachbarten Institutionen bestätigt das: Bei der WBV Freising arbeitet Förster Ingo Kellner, die WBV Ebersberg beschäftigt in ihrer Geschäftsstelle zwei Förster und hat immerhin eine Försterin vom Amt für Landwirtschaft in beratender Funktion. Das Amt für Landwirtschaft Erding wiederum hat aktuell seine fünf Revierförsterstellen allesamt an Männer vergeben.

Warum so wenige Frauen den Beruf ausüben, dafür haben die beiden Erdinger Försterinnen keine rechte Antwort. "Man kann sich seine Zeit eigentlich gut einteilen, aber wir haben auch ein hohes Arbeitspensum", sagt Alexandra Hörand. Vielleicht sei auch die Arbeit im Wald bei Wind und Wetter nicht für jeden geeignet, fügt sie hinzu, "empfindlich darf man nicht sein." Und man müsse schon gerne draußen sein "und auch gerne allein sein, denn oft ist man den ganzen Tag im Wald unterwegs", sagt Susanne Schröcker. Vielleicht hätten Frauen auch Bedenken, "wie in vielen anderen Berufen auch, dass sich Beruf und Familie nicht vereinbaren lassen", fügt Schröcker hinzu. Beide Försterinnen sind sich einig, ihren Traumjob gefunden zu haben. "Ich war schon immer gerne draußen, ich sehe jeden Tag, was ich geleistet habe und auch der Umgang mit den Menschen gefällt mir", sagt Hörand. "Und wo darf man schon seinen Hund mit auf die Arbeit mitnehmen?", fragt Schröcker.

Die Aufgaben der WBV sind vielfältig, "und das ist auch, was mir so gefällt", sagt Alexandra Hörand. Zum einen unterstützen die Försterinnen die Besitzer in allen Fragen rund um ihren Wald: Sie markieren kranke Bäume, beraten bei Neupflanzungen oder beim Einkauf zum Geräten und organisieren Baumfällaktionen sowie den Abtransport und die Vermarktung des Holzes. Auch Vorträge über Waldpflege, Pflanzkurse, Motorsägekurse und jährliche Ausflüge für Mitglieder gehören zum Programm. Zum Service gehören auch ein hauseigenes Mitteilungsblatt und ein Newsletter im Internet.

Seit 2015 veranstaltet die WBV einmal im Jahr zudem einen Waldbesitzerinnentag. Das Angebot werde sehr gut angenommen. "Es waren immer circa 20 Frauen im Alter von 20 bis 80 Jahren", so Hörand. "Diese Frauen sind sehr interessiert und auch sehr offen für eine Beratung." Mit Männern müsse sie halt öfters ein wenig länger feilschen, wenn es zum Beispiel ums Fällen eines Baumes gehe, lautet Hörands Erfahrung. Dabei sei das rechtzeitige Abholzen der einzige Weg, um den gefürchteten Fichtenborkenkäfer Herr zu werden, sagt sie. Die Wälder im Landkreis bestehen mehrheitlich aus Fichte, in letzter Zeit würden auch Birken und Erlen angepflanzt, "gerade die Birke ist ein relativ robuster Baum", weiß Alexandra Hörand.

Einig sind sich die beiden Försterinnen, dass eine Frauenquote für den Berufsstand nicht die Lösung ist. "Entscheidend für eine Einstellung ist doch, dass der Bewerber die richtige Qualifikation mitbringt", so Schröcker. Ganz wichtig sei auch, dass der neue Kollege oder die Kollegin ins Team passe, sagt Hörand.

Bald laufen bei der Erdinger Waldbesitzervereinigung wieder Bewerbungsgespräche, denn Susann Schröcker erwartet ein Baby. Als Försterin will sie auf jeden Fall wieder arbeiten und sie hat sich schon Gedanken gemacht, wie das dann klappt mit Familie und Beruf. Es sieht gar nicht so schlecht aus, ist Schröcker überzeugt: "Falls der Kindergarten einmal bestreikt wird, kann ich das Kind ja einen Tag mit in den Wald nehmen."

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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