Erdinger Parteien:Zeit für Politik

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Florian Geiger von den Grünen kann sich freuen. (Foto: Renate Schmidt)

Mitunter ein Zuwachs von 25 Prozent: Wie selten zuvor können die meisten Parteien im Landkreis Erding derzeit Mitglieder hinzugewinnen - bis auf eine

Von Regina Bluhme, Erding

Treibt die Wahl des baldigen US-Präsidenten Donald Trump den Linken und den Grünen im Landkreis mehr Mitglieder zu? Oder ist es die bevorstehende Bundestagswahl? Fest steht: Der Kreisverband Erding/Ebersberg für "Die Linke" sowie der Erdinger Kreisverband der Grünen vermelden seit November 2016 auffallend viele Neuzugänge. Gleich sechs Eintritte in den vergangenen fünf Monaten verzeichnet zum Beispiel die Linke, die Grünen sprechen von einem "Jahreshoch". Bei CSU und SPD ergibt sich ein gewohntes Bild: Die CSU hat weiter zugelegt, die SPD tritt auf der Stelle.

Ob es nun der berühmte "Trump-Effekt" ist, da ist sich Walter Koppe, der Kreisvorsitzende der Linken, nicht sicher. Aber er könne auf jeden Fall bestätigen, dass zum Ende des vergangenen Jahres sechs neue Mitglieder eingetreten sind. "Und diese Zahl liegt deutlich über dem, was wir in einem solchen Zeitraum gewohnt sind." Jeweils "gut ein Dutzend" Mitglieder gibt es laut Koppe in den Landkreisen Erding und Ebersberg. Rechnet man also mit insgesamt 24 Mitgliedern, dann hat die Linke um 25 Prozent zugelegt. Nur zum Vergleich: Beim CSU-Kreisverband mit seinen aktuell 2003 Mitgliedern würde das über 500 Neueintritte bedeuten.

Die sechs Neuzugänge für die Linke - der älteste ist 60 Jahre, der jüngste 18 Jahre alt - stimmen Walter Koppe für die kommenden Wahlen "so optimistisch wie schon lange nicht mehr". Im Wahlkampf will Koppe mit sozialen Themen punkten, wie gerechte Arbeit und bezahlbares Wohnen. Das aktuelle große Ziel aber ist die Gründung von eigenen Ortsverbänden für Ebersberg und Erding. Bei der Jahreshauptversammlung im Februar soll alles in die Wege geleitet werden.

CSU bleibt unangefochten

Auch bei den Grünen hat sich etwas getan. Seit Anfang November habe die Partei bayernweit über 200 neue Mitglieder gewonnen, sagte der Bayern-Chef der Grünen, Eike Hallitzky, im Dezember 2016. Im Landkreis Erding gab es 2016 insgesamt sechs Neuzugänge, davon erfolgten vier in den letzten eineinhalb Monaten des vergangenen Jahres, so Florian Geiger, Mitglied im Erdinger Kreisvorstand. "Das ist wirklich außergewöhnlich." Aktuell haben die Grünen im Landkreis Erding somit exakt 89 Mitglieder. Den Zuwachs schreibt Geiger weniger dem "Trump-Effekt" zu als vielmehr der kommenden Bundestagswahl. "Ich glaube, die Wahlen bringen die Leute dazu, sich aktiv einzumischen", so der Grünen-Kreisrat. Wobei der Landkreis Erding für die Grünen wahrlich kein leichtes Pflaster sei. Mit einer kleinen Grünen-Fraktion von sechs Mitgliedern sei es schwer, im Kreistag etwas zu erreichen. "Wir würden uns sehr freuen, wenn auch einmal unsere Anträge von der Mehrheit angenommen würden", sagt Geiger.

Unangefochten an erster Stelle steht bei den Mitgliederzahlen im Landkreis allerdings die CSU. Der Kreisverband hat zum Stichtag 31. Dezember 2016 exakt 2003 Mitglieder, wie bei der Kreisgeschäftsstelle zu erfahren ist. Zum Vergleich: Zum 1. Januar 2016 waren es 1993 Mitglieder. Die Zahlen gehen wie schon in den Vorjahren nach oben. Weggänge waren laut CSU-Kreisgeschäftsstelle auch zu verzeichnen, dabei habe es sich aber um Todesfälle gehandelt. Zwistigkeiten innerhalb der Union, zum Beispiel das Flüchtlingsthema, hätten keine Rolle gespielt.

Nach dem bundesweiten Einbruch 2013 sitzt die FDP im Landkreis mittlerweile wieder auf dem steigenden Ast, wie ihr Kreisvorsitzender Thomas Schuster berichtet. "Wir erhalten deutlichen Zuspruch." Auf 50 Mitglieder ist der Kreisverband inzwischen angewachsen. Austritte habe es 2016 auch gegeben, doch das sei der Altersstruktur der Partei geschuldet, wie Schuster berichtet. "Wir hatten leider einige Todesfälle älterer Mitglieder." Doch inzwischen könne man von einer "ausgeglichenen Altersstruktur" sprechen.

"Wir sind 2016 bei der Mitgliederentwicklung konstant geblieben", so lautet die Nachricht von Martin Kern, Kreisvorsitzender der SPD. Knapp 300 Mitglieder zählt aktuell seine Partei. Es gab keinen Schwund zu melden, aber - und das ist die weniger schöne Nachricht für die SPD - "es gab auch keine ausgewöhnliche Zuwachsrate". Von einem Trend, woher auch immer, habe seine Partei nicht profitieren können, berichtet Kern. "Ein Problem bei uns ist, dass viele junge Interessierte irgendwann zum Studieren wegziehen und dann nicht mehr greifbar sind."

Dann ist da noch die Große Koalition in Berlin, in der die SPD Minister und Vizekanzler stellt. "Kritik an der Bundespolitik fällt immer auf uns zurück", weiß Martin Kern. Doch auch Fehler in der Vergangenheit räumt er ein. Die SPD müsse gezielt auf Ängste und Sorgen der Bevölkerung eingehen. Manchmal sei er schon ein wenig frustriert, gibt der SPD-Kreisvorsitzende zu. Als Beispiel nennt er die Debatte um den Erdinger Kommunalpass, bei der sich "die politische Mehrheit durchgesetzt hat." SPD-Mann Martin Kern sieht die politische Arbeit aber so: "Rückschläge gibt es immer im Leben, das hält einen nicht auf".

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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