Erdinger Christkindlmarkt:Zoff um Bratwurstbude

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Die Idylle am Christkindlmarkt ist gestört. Der Verschönerungsverein hat den Besitzer einer Bratwurstbude in diesem Jahr abgelehnt, und der wehrt sich vor Gericht. (Foto: N/A)

Sascha Schmid wehrt sich dagegen, dass er keinen Platz auf dem Erdinger Christkindlmarkt bekommen hat. Eine Einigung scheitert, nun folgt ein langwieriger Prozess. Auch eine Vorgeschichte muss geklärt werden

Von Florian Tempel, Erding

Harmonisch und friedlich wünscht sich jeder die Adventszeit. Die Realität schaut aber oft anders aus. Auch am Erdinger Christkindlmarkt hängt der Haussegen schief. Ein langjähriger Standbetreiber hat den Veranstalter des Marktes, den Verschönerungsverein Erding, verklagt. Nun geht es am Landgericht Landshut erbittert um die Wurst.

Sascha Schmid, der viele Jahre lang am Erdinger Christkindlmarkt Bartwürste gegrillt und verkauft hatte, hat vom Vorsitzenden des Verschönerungsvereins, Fritz Steinberger, in diesem Jahr erstmals keinen Standplatz zugewiesen bekommen. Das ist keine Kleinigkeit, sondern für Schausteller Schmid eine Existenzfrage. Vor Gericht sagte er, dass er auf dem Christkindlmarkt in der Vergangenheit schon mal 50 000 Euro Gewinn gemacht habe. Für den Verschönerungsverein könnten Schadensersatzforderungen des ausgebooteten Standbetreibers also teuer werden.

Völlige Privatisierung sei rechtswidrig

Fritz Steinberger, ehemaliger Zweiter Bürgermeister von Erding und Dritter Landrat sowie Kreisvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, organisiert seit etwa 30 Jahren den Christkindlmarkt. Er tut das als Chef des Verschönerungsvereins, dem die Stadt diese Aufgabe anvertraut hat. Nach Ansicht von Schmids Anwalt Karl Jusek ist diese Konstellation allerdings nicht haltbar: "Die völlige Privatisierung eines städtischen Marktes im öffentlichen Raum ist schon vor 30 Jahren durch die Rechtsprechung als rechtswidrig erklärt worden."

In Erding fehle etwas, das von zentraler Bedeutung sei: Es gebe keine klaren Vorgaben und Kriterien, nach denen die Standbetreiber fair und gerecht ausgesucht oder abgelehnt werden. Das sei nicht nur ein Problem des Verschönerungsvereins, sagte Jusek, sondern auch der Stadt, die sich pflichtwidrig um transparente und faire Vergabekriterien nicht gekümmert habe. Da es aber in Erding keine Vergabekriterien gebe und auch Steinbergers Verschönerungsverein keine aufgestellt habe, sei die Ablehnung seines Mandaten nicht korrekt, schloss Anwalt Jusek.

Es geht auch um frühere Konflikte

Steinberger versuchte wortreich zu erklären, warum er den Kläger mit seiner Bratwurstbude nach vielen Jahren erstmals nicht mehr berücksichtigt habe. Er fand viele Gründe, nur keine, die man im Sinn von transparenten Kriterien gelten lassen durfte: Die Anzahl der Buden sei kleiner als früher, der Stadtrat habe unbedingt einen Stand des Kreisjagdverband auf dem Markt haben wollen und es gebe so wie so zu viele Imbissstände. Mag alles sein, sagte Richter Tilmann Roß. Doch warum traf die Ablehnung Sascha Schmid? Steinberger sagte schließlich, jener habe früher "permanent Ärger gemacht".

Tatsächlich kann man Letzteres aus Steinbergers Sicht nachvollziehen, wenn man weiß, dass Schmid 2014 einen eigenen Verein gegründet und sich mit diesem bei der Stadt um die Ausrichtung des Christkindlmarktes beworben hatte. Er wollte also nichts weniger, als Steinberger als Veranstalter des Chirstkindlmarkts ablösen. Auch Richter Tilmann Roß erkannte unschwer: "Zwischen Ihnen beiden ist das Kriegsbeil ausgegraben." Juristisch gesehen dürfen zwischenmenschliche Animositäten bei der Vergabe von Marktständen aber keine Rolle spielen. Richter Roß machte auch klar, dass er die Klage von Bratwurstbrater Schmid als berechtigt sehe.

Eine Einigung scheitert

Doch wie könnte man die Sache lösen? Der Richter schlug vor, dass der Verschönerungsverein seine eigene Bude auf dem Christkindlmarkt räumen und den frei gewordenen Platz Schmid überlassen sollte. Der sagte, dass er seinen Schwenkgrillstand schnell aufbauen könnte. Als Schadensersatz für die erste Woche, die Bratwurstbrater Schmid entgangen ist, sollte er laut Vorschlag des Richters 6000 Euro vom Verschönerungsverein erhalten.

Steinberger lehnte diese Einigung ab. Es gehe schon aus praktischen Gründen nicht, die Stände einfach auszutauschen. Auch sei das nicht so einfach, weil es für Schmids Grillstand keinen Wasseranschluss gebe und so weiter. Und dann sagte Steinberger, "mach ich das nicht, auch weil ich mich nicht zum Hanswurst erklären lasse". Nun wird das Ganze zu einem langwierigen Prozess. Richter Roß erklärte, dass er zahlreiche Zeugen laden müsse, um dem Fall auf den Grund zu gehen.

© SZ vom 02.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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