Erding:Wie in der Königsklasse

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Nach dem Gewichtheber-Vergleichskampf auf dem Herbstfest schwärmt der Coach der englischen Gäste von den Erdinger Trainern und Talenten - und freut sich auf das nächste besondere Wiedersehen

Von Sebastian Fischer, Erding

Als der Gewichtheber Koroush Valiseh am Sonntag auf dem Flughafen in Heathrow landete, regnete es. "Cats and dogs", wie Valiseh tags darauf am Telefon erzählt. Und dann sehnte er sich sogleich zurück ins sonnengeflutete Herbstfestzelt, in dem er am Samstag mit seiner Staffel vom Londoner Westway Barbell Club im Vergleichskampf gegen den TSV Erding angetreten war. Für Valiseh, 30, war der Flug aus dem Regen in die Sonne auch eine Reise in die eigene Vergangenheit.

Der gebürtige Iraner hatte vor 13 Jahren ein halbes Jahr lang in Erding trainiert, während eines Schüleraustauschs. Sein Trainer damals war Rudi Mayer, inzwischen Ehrenmitglied beim TSV. Mayer stellte ihm damals einen Trainingsplan auf, er habe an ihn geglaubt, habe ihm Spaß am Gewichtheben vermittelt und erklärt, was es bedeute, im Wettkampf "110 anstatt 100 Prozent zu geben - das meiste, was ich über den Sport weiß, habe ich von ihm." Am Samstag stand Mayer, 72, dann als Betreuer neben der Bühne, Valiseh umarmte ihn. "Es war ein herzliches Wiedersehen", sagt auch Mayer.

Zwar gewannen die Londoner den traditionellen Vergleichskampf, der seit mehr als 50 Jahren am ersten Herbstfestwochenende ausgetragen wird - erstmals gegen eine englische Staffel-, am Ende deutlich mit 253:174. Doch die Erdinger waren mit jungen Athleten angetreten: Tassilo Frieß, 14, Simon Gotz, 15, Jakob Halamoda, 16, Andreas Rumpfinger, 18. Valiseh schwärmte von der sauberen Technik der Jugendlichen. Die jungen Erdinger rissen und stießen so, wie ihm Mayer das damals beigebracht hatte; so, wie es Mayers Nachfolger, der Erdinger Trainer Tuan Minh Dang, vor 13 Jahren noch Valisehs Teamkollege, seinen Athleten heute beibringt.

Tassilo Frieß zeigte im Reißen und Stoßen technisch anspruchsvolle Versuche, riss 48 Kilogramm und stieß 56. Und als Jakob Halamoda 120 Kilogramm in die Höhe reckte, persönliche Bestleistung, da wurde es im Zelt besonders laut. Für Trainer Dang war der Wettkampf ein gelungener Test vor dem Auftakt der Bayernligasaison in einem Monat gegen Regensburg. Und eine gute Werbung:Der TSV sucht laufend neuen Nachwuchs, gerne würde Dang eine zweite Mannschaft anmelden. Stets muss er mit Vorurteilen aufräumen, der Sport sei schlecht für die Gelenke, oder nichts für Mädchen. Beides falsch, sagt Dang.

Valiseh hatte noch andere Gedanken, als er die jungen Talente auf der Bühne sah zusammen mit seinen Athleten, die in der ungewohnten heißen und hitzigen Atmosphäre aufblühten. Seine Staffel würde wiederkommen, vielleicht schon im nächsten Jahr, vielleicht für ein Trainingslager. "Vielleicht war das ja der Anfang von etwas Großem." Er würde den TSV gerne nach London einladen und am liebsten würde er nach dem Erdinger Vorbild weitere Schaukämpfe organisieren, mit mehreren Staffeln aus ganz Europa: "So etwas wie eine Champions League." Die jungen Erdinger sieht er ohnehin auf dem Weg dahin: Die Technik, die der zwölfmalige deutsche Meister seinen Schülern vermittle, sei "hoher europäischer Standard."

Das klingt vielleicht etwas euphorisch. Doch Rudi Mayer, der in Koroush Valiseh einst die Euphorie für das Gewichtheben entfachte, findet, es dürfe ruhig ein paar mehr junge Menschen geben, die so euphorisch über den Sport denken, den er selbst seit mehr als 40 Jahren betreibt. Mayer ist immer noch drei Mal die Woche in der Halle in Altenerding, trainiert für sich selbst und gibt hier und da den Jugendlichen ein paar Tipps. Er sagt: "Man kann ja nicht einfach so aufhören."

© SZ vom 01.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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