Erding:Wehmütige Klänge

Lesezeit: 2 min

Der Fliegerhorst erlebt eine seiner letzten großen Kommandoübergaben: Oberst Michael Rethmann übergibt den Stab an Oberst Thomas Hambach, bleibt dem Standort aber als stellvertretender Kommandeur erhalten

Antonia Steiger

Ein feierlicher Akt: Der scheidende Kommandeur Michael Rethmann (rechts) übergibt die Fahne dem Generalmajor Günter May, der sie dann weiterreicht an Thomas Hambach, der im Hintergrund bereits wartet (Foto: Renate Schmidt)

Ein Kommandeur tritt freiwillig zurück ins zweite Glied. Dazu erklingt der "Marche des soldats de Robert Bruce", ein Musikstück voller Melancholie und Wehmut. Es ist nicht zu übersehen: Die Bundeswehr hat sich verändert. Das Image des unnahbaren Soldaten ist dahin, stattdessen wirbt ein gemütlich aufgelegter Generalmajor Günter May um Anerkennung in der Öffentlichkeit und verspricht Transparenz.

May hat am Donnerstag dem bisherigen Fliegerhorstkommandeur Oberst Michael Rethmann das Kommando für das Waffensystemunterstützungszentrum 1 entzogen und es Oberst Thomas Hambach übertragen. Doch anders als bei Verabschiedungen üblich wird Rethmann den Standort nicht verlassen: Er bleibt als stellvertretender Kommandeur in Erding, sorgt in der Phase des Umbruchs für Kontinuität und will seinen neuen Chef "mit Nachdruck unterstützen", wie er sagte.

Es ist wohl eine der letzten großen Kommandoübergaben am Fliegerhorst gewesen. In der Halle 4 formierten sich die militärischen und zivilen Angehörigen der dem Waffensystemunterstützungszentrum untergliederten Einheiten. Das Waffensystemunterstützungszentrum ist der Nachfolger des Luftwaffeninstandhaltungsregiments 1, das zum Jahreswechsel aufgelöst worden ist. Die Kommandoübergabe vollzog ein alter Bekannter: Generalmajor Günter May war schon oft in Erding, wird aber in militärischer Funktion wohl nicht mehr wiederkehren: Er wird in der kommenden Woche entlassen - nicht freiwillig, sondern weil er die Altersgrenze erreicht hat, wie er beim Empfang erklärte. "Freiwillig macht man nach 42 Jahren bei der Bundeswehr gar nichts mehr."

Der Verbleib der Bundeswehr in Erding ist von endlicher Dauer, das weiß jeder. Der neue Kommandeur Hambach stürzt sich dennoch offenbar voller Vorfreude in seine neue Aufgabe, er zieht sogar in die Region, wie er sagte: "Aus der Dreieinhalb-Millionen-Stadt Berlin nach Rattenkirchen mit 900 Einwohnern. Von der hohen Politik zurück an die Basis." Hambach war zuletzt zehn Jahre im Verteidigungsministerium beschäftigt und sagt, er freue sich auf seine neue Aufgabe.

Denn er sehe sich als luftfahrzeugtechnischer Offizier. Sowohl May als auch Rethmann und Hambach ließen keinen Zweifel daran, dass auf die Führungsspitze und alle Mitarbeiter am Fliegerhorst weiterhin schwierige Zeiten zukommen. Auf die Umstrukturierung der oberen Führungsebenen folge die der nachgegliederten Einheiten. Die Unsicherheit für die Soldaten, was ihre berufliche Zukunft betrifft, werde anhalten, sagte Rethmann. Er bat darum, seinem Nachfolger Hambach das gleiche Vertrauen entgegen zu bringen wie ihm selbst.

Rethmann war seit 2009 Kommandeur des Fliegerhorstes. Eine so lange Zeit an der Spitze eines Verbandes zu stehen, sei "ein Geschenk", sagte er. Er dankte May für den Gestaltungsspielraum, der dieser ihm gelassen habe. Und May erwiderte, er habe auf Rethmanns Insistieren hin immer wieder eigene Entscheidungen revidiert. "Und hinterher hat es sich immer als das richtige erwiesen", fügte er an. Die vielen freundlichen Worte bei der Kommandoübergabe in der Halle 4 wurden garniert von mehreren Musikstücken - dieses Mal nicht vom Luftwaffenmusikkorps aus Neubiberg, sondern vom Gebirgsmusikkorps aus Garmisch-Partenkirchen, das in grauen Keilhosen und Bergstiefeln der Kommandoübergabe eine alpine Note verpasste.

Ihre musikalischen Stücke trugen sie so fehlerfrei und eindrucksvoll vor, wie es die Erdinger bei Kommandoübergaben gewohnt sind. "So lange es noch geht", möge er die Zeit in Erding genießen, gab May dem neuen Fliegerhorstkommandeur mit auf den Weg. Wie lange das noch dauert, ist ungewiss: Ein genauer Plan, wann in Erding die militärischen Flächen für eine anderweitige Nutzung frei werden, ist bislang nicht bekannt. Bekannt ist nur, dass das Waffensystemunterstützungszentrum 1 mitsamt Stab nach Manching umzieht, wenn dort die Infrastruktur steht.

© SZ vom 12.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: