Erding:Vor neuen Herausforderungen

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Sie beraten, wie sie Flüchtlingen besser helfen können: Landrat Martin Bayerstorfer und sein Fürstenfeldbrucker Kollege Thomas Karmasin. (Foto: Renate Schmidt)

Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Oberbayern. Die Landräte wollen besser helfen. Zwei Änderungen streben sie an

Von Antonia Steiger, Erding

Etwa zehn Tage benötigt der Landkreis, um die Turnhalle der Berufsschule Erding als Flüchtlingsunterkunft herzurichten. Dass die Turnhalle wieder als Unterkunft benötigt wird, daran hat Landrat Martin Bayerstorfer kaum Zweifel. Schon über das verlängerte Wochenende rechnen die oberbayerischen Landkreise mit einer starken Zunahme der Flüchtlingszahlen, das gaben Bayerstorfer und sein Fürstenfeldbrucker Kollege Thomas Karmasin, beide CSU, am Mittwoch nach einer Tagung der oberbayerischen Landräte in Erding bekannt. Karmasin ist Vorsitzender des Bezirksverbandes Oberbayern im Bayerischen Landkreistag, Bayerstorfer sein Stellvertreter.

Ein paar Mal im Jahr treffen sich die oberbayerischen Landräte, um sich zu besprechen. Derzeit, sagte Karmasin, gebe es nur ein Thema: die Flüchtlinge, deren Unterbringung und Betreuung die Politik besonders im verdichteten Raum Oberbayern vor Probleme stelle. Schon in diesen Tagen hat Christoph Hillenbrand, Regierungspräsident von Oberbayern, demnach die Landkreise aufgefordert, ihre Winternotfallpläne wieder zu aktivieren und Turnhallen zur Verfügung zu stellen. Als erstes seien die Kreise an der Reihe, die ihre Quote bisher nicht erfüllt hatten. Welche Landkreise das sind, verriet Karmasin nicht. Im Grunde sei es "eine Frage der Zeit", sagte Bayerstorfer, bis auch in der Turnhalle der Berufsschule wieder Flüchtlinge untergebracht werden müssten.

Es ist nicht die Unterbringung alleine, über die sich die Landkreise Gedanken machen. Sie wünschen sich darüber hinaus die alleinige Kompetenz in der Asyl-Sozialberatung und fordern zudem Änderungen im Umgang mit unbegleiteten Flüchtlingen. Die Asyl-Sozialberatung übernehmen derzeit fast überall Wohlfahrtsverbände, die ihre Kosten mit dem Ministerium abrechneten, sagte Karmasin. Erding geht einen anderen Weg: Drei Mitarbeiter am Landratsamt - bald sollen es vier sein - sind schon jetzt in den Unterkünften unterwegs, um die Asylbewerber zu beraten und zu unterstützen. Deswegen bewirbt sich der Landkreis Erding laut Bayerstorfer auch darum, eine von fünf Pilot-Kommunen in Oberbayern zu werden, in denen die Sozialberatung für Asylbewerber probehalber den Landkreisen übertragen wird. Bayerstorfer und Karmasin sind sich darin einig, dass dies der richtige Schritt ist: "Die Aufgaben sollen dort gebündelt werden, wo auch die anderen Verantwortlichkeiten sind." Allerdings erwarten sie, dass ihnen die Kosten ersetzt werden.

Vor wachsende Probleme sehen sich die Landkreise auch durch die wachsende Anzahl unbegleiteter Flüchtlinge gestellt. 150 erwartet der Landkreis Fürstenfeldbruck bis Jahresende, etwas niedriger wird die Zahl in Erding sein. Im Moment halten sich laut Bayerstorfer 29 unbegleitete Flüchtlinge im Landkreis Erding auf. Sie bräuchten besondere Zuwendung, sagte Karmasin, gerade wenn sie traumatisiert seien. Das gesamte Maßnahmenbündel der Jugendhilfe auf jeden unbegleiteten Jugendlichen anzuwenden, bezeichnete er jedoch als "Overkill". Viele junge Flüchtlinge benötigten einen Deutschkurs und einen Ausbildungsplatz, aber keine sozialpädagogische Begleitung. Zudem hätten weder die Landkreise noch die Jugendhilfeträger genügend Personal, darin sind sich Karmasin und Bayerstorfer einig.

Die oberbayerischen Landräte wünschen sich eine Sonderregelung und haben dies bereits dem Sozialministerium vorgetragen. Vorbild soll Österreich sein, wo jugendliche Asylbewerber mit 18 zudem aus der Jugendhilfe entlassen werden - auch das würden die beiden Landräte gerne für Bayern übernehmen. Karmasin sagte, es gehe um eine Absenkung der gesetzlich empfohlenen Standards, die Forderung stoße jedoch auf Widerstand, unter anderem bei den Wohlfahrtsverbänden und bei den Trägern der Jugendhilfe, die damit ihr Geld verdienten. "Entscheidend muss sein: Was braucht der Jugendliche?", sagte Bayerstorfer.

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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