Erding:Touristen ohne Kompass

Lesezeit: 2 min

Die Informationsangebote in Stadt und Landkreis Erding für Besucher sind nicht ausreichend. Noch gibt es jedoch Vorbehalte gegen eine hauptamtliche Einrichtung für den Fremdenverkehr

Von Florian Tempel

Böllerschützen gehören zum bayerischen Brauchtum. So etwas lockt Besucher an. Ein alles umfassender Veranstaltugnskalender für Erding fehlt jedoch noch. (Foto: Bauersachs Peter)

Eigentlich hatte die Leiterin des Katholischen Bildungswerks, Adelheid Widmann, die Presse nur eingeladen, um das neue Programmheft des Projekts "Geschichte erleben" vorzustellen, in dem die kommenden Vorträge und Veranstaltungen zu historischen Themen im Landkreis gebündelt präsentiert werden. Doch dann entbrannte in der Gesprächsrunde mit Vertretern aus Politik, kulturellen Vereinen und Institutionen eine Diskussion über das einhellig als unzulänglich erachtete lokale Informationsangebot für Touristen und Besucher. Die Runde war sich einig: Stadt und Landkreis müssen ihre Bemühungen, Auswärtige über Sehenswürdiges und Besuchenswertes zu informieren, dringend professionalisieren.

Ausweislich der stetig steigenden Übernachtungszahlen scheinen Stadt und Landkreis ein touristischer Magnet zu sein - nicht nur während des Oktoberfestes, wenn die Hotels und Pensionen in Erding und Umgebung ausgebucht sind und sich am Volksfestplatz ein Wohnmobil an das andere drängt. Doch die Realität sieht offenbar anders aus, wie Doris Bauer, die in Erding regelmäßig Stadtführungen anbietet, mit einer überraschenden Aussage illustrierte: "Ich habe eigentlich immer nur Einheimische in meinen Führungen und so gut wie keinen einzigen Touristen."

Paul Adelsberger, der Leiter des Museums Erding, wundert das allerdings nicht. "Erding ist keine Tourismusregion", sagte er, "und wird es nie sein." Dass alleine schon die Therme Erding viele tausend Menschen in die Stadt zögen, ließ er als Argument nicht gelten: "Die Thermenbesucher sind keine Touristen, sondern nur Wellnessgäste", die sich kaum für Sehenswürdigkeiten - zum Beispiel sein Museum - interessierten.

Doris Bauer beklagte, es sei "ein ganz großes Manko, dass es keinen einzigen gemeinsamen Veranstaltungskalender gibt, in dem alle Veranstaltungen drin stehen". Pamela Kruppa, Bürgermeisterin von Moosinning und Vorsitzende des Vereins Tourismusregion Erding, stimmte ihr zu: "Da kann ich nur beipflichten." Doch die Realisierung einer regelmäßigen Broschüre, die alles Sehens- und Besuchenswerte aktuell auflisten würde, "ist auch eine Frage der Manpower und des Budgets".

Eine Aufgabe, die nicht ehrenamtlich zu leisten sei, sondern für die man "professionelle Unterstützung" benötige. Auch Adelsberger bewertete es als unzureichend, dass es keine gut strukturierte, übersichtliche Veranstaltungsbroschüre in Papierform gibt. Internetauftritte "hat heute jeder", doch zugleich müsse auch weiter auf Gedrucktes gesetzt werden.

Kruppa sagte, sie fordere schon seit längerem, "dass wir uns anders strukturieren müssen". Doch auf dem Weg zu einer hauptamtlichen Tourismus-Einrichtung für Stadt und Landkreis Erding müsse noch viel Überzeugungsarbeit in Politik und Wirtschaft geleistet werden. "Das ist ein Prozess, der wachsen muss." Annette Berger, die Kulturreferentin des Landkreises, sagte: "Wir haben das alles im Landratsamt auch schon diskutiert." Doch eine professionalisierte Fremdenverkehrsstrategie sei "eine Mammutaufgabe".

Hans Bauer vom historischen Verein Erding befand, dass es in der Stadt Erding bereits an Kleinigkeiten mangele. So fehlten Übersichtstafeln mit einem Stadtplan, der einem Erding-Besucher einen Überblick verschaffen könnte - so wie das in anderen und vergleichbaren Städte ganz normal sei. Karl Engelmann vom historischen Kreis Dorfen verwies darauf, dass Erding und der Landkreis wenn auch keine echte Tourismusgegend, so doch ein attraktives Ausflugsziel für Münchner sein müsste. "Der Landkreis ist doch sehr gut mit der S-Bahn und der Regionalbahn erreichbar."

Dass in Stadt und Landkreis Erding so einiges geboten wird, zeigt der Veranstaltungskalender, für den man im Katholischen Bildungswerk zusammengekommen war. Als der Flyer vor vier Jahren erstmals aufgelegt wurde, umfasste er vier schmale Seiten. Die neueste Ausgabe mit den Veranstaltungen bis Januar 2014 ist dreimal so dick geworden.

© SZ vom 27.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: