Erding:Öffentliche Demütigung im World Wide Web

Lesezeit: 2 min

Der Erdinger Lehrer Florian Spirkl klärt über Cyber-Mobbing auf - und warnt vor Hassgruppen im Internet.

Julia Jaroschewski und Florian Tempel

Mobbing im Internet ist zu einem alltäglichen Phänomen geworden. Besonders Jugendliche nutzten soziale Netzwerke wie "ednetz" als Plattform für Hetzkampagnen gegen Gleichaltrige oder Lehrer. Betroffene können sich zwar mit Unterlassungsansprüchen und Anzeigen wehren, denn die Urheber des Cyber-Mobbings sind relativ leicht herauszufinden. Doch einmal im Internet öffentlich diffamiert, bleibt manch einer auch nach der Löschung von Mobbing-Inhalten noch lange gebrandmarkt.

Alltagsphänomen Mobbing im Internet: Lehrer Florian Spirkl klärt auf. (Foto: ddp)

Der Isener Lehrer Florian Spirkl beschäftigt sich seit langem mit Mobbing im Internet - nicht erst seit er Berater für Medienpädagogik und Informationstechnik für die Schulen im Landkreis Erding ist. Vielen seiner Kollegen und vielen Eltern sei gar nicht bewusst, wie häufig es im Internet grob zur Sache gehe. Als er unlängst Kollegen im Internet veröffentlichte Fotos und Texte seiner Schüler zeigte, "schlackerten viele mit den Ohren, weil sie ihren Augen nicht trauen wollten, wie hemmungslos manche Jugendliche über andere herziehen, sie demütigen und bloßstellen."

Ferdinand Klein ist Gründer und Betreiber des lokale Netzwerks "ednetz", das täglich von tausenden Jugendlichen im Landkreis genutzt wird. Auch Klein beschäftigt das Cyber-Mobbing zunehmend. In allen Formen. Oft werden manipulierte Fotos online gestellt, auf denen den Mobbingopfern "Warzen, Hörnchen oder andere Körperteile drauf gemalt werden". Außerdem gibt es regelrechte Hass-Gruppen, mit Titeln wie "Alle gegen Martin" oder "Alle hassen Erol", in denen Jugendliche dutzendweise über die Betroffenen herziehen. Klein hat bei der Durchsicht solcher Mobbing-Aktivitäten eines festgestellt: Mädchen sind die aktiveren Mobber. Aus Eifersucht gegen ihren Ex-Freund oder dessen neue Freundin erstellen sie viel häufiger als Jungs gefälschte Profile, veröffentlichen intime, persönliche E-Mails und kompromittierende Bilder.

Ein Betroffener muss Bloßstellungen und Beleidigungen nicht hinnehmen und sollte schnell aktiv werden, sobald er davon erfährt. Der Erdinger Rechtsanwalt Erich Hanslmaier rät, zunächst mit dem Betreiber der Internetseiten Kontakt aufzunehmen. Provider löschen die diffamierenden Inhalte und können zudem leicht herausfinden, von welchem Computer aus der Schmutz ins Netz gestellt wurden. Jeder einzelne Rechner hat eine so genannte IP-Adresse, die ihn eindeutig ortbar macht. Ist der Mobber identifiziert, folgt ein schriftlicher Unterlassungsanspruch für die Zukunft und in groben Fällen eine Strafanzeige wegen Beleidigung. Gegebenenfalls könne man auch Schadensersatz gelten machen, sagt Hanslmaier.

Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, gibt es eigentlich nur eines, sagt Klein: "Jeder sollte möglichst wenig Daten und Bilder von sich aus preisgeben, denn jedes Foto, das im Internet erscheint, ist aus der Hand gegeben."

© SZ vom 22.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: