Erding:Melancholie bei der Luftwaffe

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Der Neujahresempfang am Fliegerhorst Erding ist geprägt von der quälenden Ungewissheit vieler Soldaten und ziviler Mitarbeiter aufgrund der Umstrukturierung der Bundeswehr. Wehmut liegt in der Luft

Antonia Steiger

Oberst Michael Rethmann bei seiner Ansprache beim Neujahrsempfang im Fliegerhorst (Foto: Renate Schmidt)

Die Unsicherheit am Fliegerhorst Erding ist groß, die nervliche Anspannung ebenso. Der Fliegerhorstkommandeur, Oberst Michael Rethmann, erläuterte beim Neujahrsempfang eindringlich, wie die Arbeitsbedingungen vom schleppend vorangehenden Prozess des Umbaus der Bundeswehr beeinträchtigt seien. Seit eineinviertel Jahren wüssten die Mitarbeiter um das Ende des Fliegerhorstes, doch mindestens noch ein Jahr werde es dauern, bis jeder seinen neuen Arbeitsplatz kenne. Erste Auflösungserscheinungen sind schon heute nicht mehr zu übersehen: Die Soldaten nehmen an Veranstaltungen wie solchen zum Volkstrauertag nicht mehr mit dem gleichen Aufgebot wie früher teil, dafür bat Rethmann um Verständnis.

Es sind nur Kleinigkeiten, an denen zu erkennen ist, dass das militärische Leben am Fliegerhorst auf dem Rückzug ist: Weniger Zuhörer als in den vergangenen Jahren fanden sich im Casino ein - viele ließen sich laut Rethmann jedoch mit Hinweis auf die Witterungsbedingungen entschuldigen. Das Offiziersheim heißt neuerdings "Casino" - weil es nicht mehr ein Ober- und ein Unteroffiziersheim am Standort Erding gibt, sondern nur noch eines: das Casino. "Und wenn wir dafür keinen Koch finden, dann wird es bald sehr schwierig", sagte Rethmann. Die Motivation der Soldaten und militärischen Mitarbeiter sei dennoch hoch, lobte Rethmann. Und auch die Spendenaktion zur Weihnachtszeit unter dem Codenamen "Aktion Erbse" hat wieder etwa 45 000 Euro erbracht - vermutlich aber nicht ganz so viel wie bei der Rekordsammlung vor einem Jahr.

Rethmann selbst bleibt vorläufig noch an der Spitze des Verbandes, der nun nicht mehr Luftwaffeninstandhaltungsregiment heißt, sondern seit dem Jahreswechsel Waffensystemunterstützungszentrum 1. Geleitet wird der Verband künftig von einem anderen, doch der ist noch nicht in Erding. Bis es so weit ist, hört in Erding alles weiter auf Rethmanns Kommando. Bisher hat die Luftwaffe im Bereich Einsatzlogistik nicht mehr als die Umorganisation des Stabes geschafft, der zudem nach Manching verlegt wird - wenn dort alles fertig ist. Davon ist man aber wohl noch ein Stück weit entfernt.

Ebenso steht wohl auch noch keine Flugzeughalle in Manching. Denn dorthin ziehen auch die dem Stab unterstellten Bereiche, die heute noch in Erding arbeiten. Dort wird der Tornado gewartet und instandgesetzt. Wie Rethmann erläuterte, wird im ersten Halbjahr 2013 die Sollstruktur erarbeitet, die dann im zweiten Halbjahr mit Leben gefüllt werde. Und es wird eine Infrastrukturforderung für Manching erarbeitet. "Was bleibt, ist die Sorge um die Menschen." Im Laufe des Jahres 2014 werde das Waffensystemunterstützungskommando um 400 Personen schrumpfen. "Aber es weiß keiner, ob er betroffen ist." Das Nervenkostüm einiger Mitarbeiter sei überlastet, sagte Rethmann. "Die Situation der Unsicherheit hält sich lange, und es gibt keinen Weg raus."

Unklar ist wohl noch, wie stark sich MTU und EADS künftig in Erding engagieren wollen. Dies würde die Situation verbessern, sagte Rethmann, "aber unseren Weggang nicht wettmachen". Der Melancholie das Abschieds hielt Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) die Euphorie des Aufbruchs entgegen: In einem kurzen Grußwort hob er hervor, dass sich der Stadt Erding bei der Überplanung des Fliegerhorstes eine historische Chance biete. "Wir wissen, wo wir hinwollen."

© SZ vom 19.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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