Erding:Kunst aus einem Guss

Lesezeit: 2 min

Eine rostige Fassade oder die Verbindung von Skulptur und Architektur - beim Fassadenwettbewerb kürt die Jury in fünf Kategorien die Sieger

Ines Alwardt

Das Zusammenspiel aus wetterfestem Stahl, der mit der Zeit eine rostige Patina bildet, und offenen Glasfronten überzeugte die Jury von dem Einfamilienhaus (oben, re.) in Reithofen, das in der Kategorie private Wohnbauten gewann.  (Foto: Wild/OH)

Man kann es wohl ein echtes Schmuckstück nennen, auch wenn sich die Ästhetik dem Betrachter nicht sofort erschließt: Rostig die Fassade, ein klobiger eckiger Bau mit nur drei winzig kleinen Fenstern in der Front. "Wer will nur in diesem Haus wohnen?", das fragte sich ein Mitarbeiter des Landratsamtes, als er das ungewöhnliche Gebäude nur durch Zufall bei einem Rundgang am südlichen Ortsrand von Reithofen entdeckte. Er klingelte, ging hinein - und war begeistert. Nun wurde das Einfamilienhaus als eines von fünf Bauwerken mit dem Fassadenpreis 2012 ausgezeichnet.

Insgesamt 26 Bauwerke in fünf verschiedenen Kategorien musste die Jury des Landratsamtes beurteilen - und am Ende jeweils einen Sieger für jede der fünf Kategorien auswählen. Keine leichte Aufgabe, wie Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) bei der Verleihung betonte.

Seit 1986 vergibt der Landkreis Erding einmal im Jahr die Auszeichnung und würdigt damit die Arbeit von Bauherren und Architekten, die beim Sanieren und Umbauen besonders darauf geachtete haben, den ursprünglichen Charakter von Fassaden und Häusern möglichst zu bewahren - und ihn optisch zu bereichern. Gegen sieben weitere Bewerber setzte sich dabei in der Kategorie private Wohnbauten das Einfamilienhaus mit der rostigen Fassade aus Reithofen durch.

Eigentümer Christian Neumeier, von Beruf Kunstschweißer, und Architektin Hildegard Rasthofer hätten damit "ein Haus aus einem Guss" geschaffen, wie Helmut Miller, Leiter der Abteilung Bauen und Umwelt, sagte. Die Hülle aus wetterfestem Baustahl in Kontrast mit der offenen Glasfassade zum Garten hin mache aus dem Gebäude alles andere als einen "Standard-Bau". "Respekt vor dieser Handwerkskunst", lobte Miller, das Haus sei quasi eine Verbindung von "Skulptur und Architektur".

Weniger für eine moderne architektonische Interpretation, dafür aber für den Erhalt eines alten Bauernhofs in Niederneuching, bekam das Wohnhaus der Familie Schrenk in der Kategorie Umbauten den Fassadenpreis. Wo früher die Schweine im Stall ihr Zuhause hatten und die Bauern das Heu lagerten, wohnen jetzt mehrere Generationen unter einem Dach. Die ehemaligen Scheunentore sind einer Fensterfront gewichen, das alte Kappengewölbe des Stalls ziert nun die Küchendecke.

Eine "vorbildliche Sanierung", bescheinigte Anne Kirchhoff von der Abteilung Bauen und Umwelt Bauherren und Architektin Anja Bimeslehner. In der Kategorie Denkmäler bekam die Erdinger "Auer-Villa" den Fassadenpreis: das Gebäude mit Walmdach, Erkern und Gauben entstand 1905 an der Dorfener Straße 18. Insgesamt stehen dort drei denkmalgeschützte Villen aus der Gründerzeit, die allesamt "stadtbildprägend" seien, wie Kirchhoff sagte. Die Bauherren Käser & Himmler und auch Architekt Ulrich Reiser hätten bei der Sanierung "viel Fingerspitzengefühl" bewiesen.

Mit einem schweren Erbe musste es die Evangelisch-Lutherische Kirche Bayern in der Kategorie Öffentliche Bauten aufnehmen - hatte der vor vier Jahren verstorbene Architekt Hans-Busso von Busse doch mit der Erlöserkirche in Klettham einen "sakralen Meilenstein" in der Nachkriegsarchitektur erbaut. Aber die Räume waren zu klein geworden für die Kirchengemeinde, ein neues Gemeindezentrum musste her. Direkt an der S-Bahn-Strecke in Altenerding ließen die Architekten ein aus mehreren Kuben bestehendes Haus bauen, verkleidet mit Aluminium, das fast industriell anmutet.

Ebenso modern wirken die als "Highflyers" betitelten Bürogebäude direkt an der B 15 am Rand des Gewerbegebiets bei Flaring. Weiß verputzt, in einer Kreisform sind sie von der Straße aus kaum zu übersehen. Bauherr Thomas Rable und der Erdinger Architekt Anger Groh haben nicht nur Büroachsen und Trennwände nach dieser Form ausgerichtet - auch der Garten folgt dem Konzept.

© SZ vom 24.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: