Erding:Kirche reagiert auf Hilferufe

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Etliche Pfarreien im Landkreis stellen nun auch Unterkünfte für Flüchtlinge zur Verfügung. Doch nicht überall können die leer stehenden Räume tatsächlich vermietet werden

Von Sebastian Fischer, Erding

Pfarrer Gregor Bartkowski kann die Meldungen nicht verstehen, die am Dienstagmorgen von den Nachrichtenagenturen um die Welt geschickt werden. Von einem ungarischen Bischof, der vor einer "Invasion" muslimischer Flüchtlinge warnt, oder von zwei französischen Städten, die nur christliche Flüchtlinge und keine Moslems aufnehmen wollen. Bartkowski, Pfarrer in der Wartenberger Kirche Mariä Geburt und Pfarramtsleiter von Wartenberg und Berglern, sagt: "Das ist entsetzlich." Er ist sich sicher: "Gerade überlegt kein Pfarrer, ob das Christen oder Moslems sind, das sind Menschen in Not." Und denen hilft man. So wie Bartkowski das nun in Wartenberg vorhat.

Nicht erst seit der Papst am Sonntag zu mehr Solidarität mit Flüchtlingen aufgerufen hat, verstärken die katholischen Bistümer in Deutschland die Suche nach möglichen Unterkünften für Flüchtlinge. In München hatte Kardinal Reinhard Marx bereits vor zwei Wochen alle Kirchengemeinden im Erzbistum München und Freising angeschrieben und um Hilfe gebeten. Das Erzbistum unterstützt die Hilfe finanziell, laut einem Sprecher mit einem Budget von fünf Millionen Euro. Es würden immer neue Rückmeldungen kommen.

Und auch in Erding, wo Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) die Bürgermeister der Gemeinden, die bislang noch keine oder wenige Asylbewerber beherbergen, zur Suche nach möglichen Unterkünften aufgefordert hat, zeigen sich die Kirchen solidarisch. "Wir werden auf alle Fälle etwas zur Verfügung stellen", sagt Bartkowski. Wartenberg richtet sich derzeit auf die Ankunft von etwa 60 Flüchtlingen ein, fünf Privatunterkünfte hat das Landratsamt bereits angemietet. Und Bartkowski will "zwei mehrköpfigen Familien" Platz bieten. Demnach könnten acht Menschen in der Unterkunft wohnen, deren Standort der Pfarrer aus Vorsicht nicht veröffentlichen will, zumal in einer Kirchenverwaltungssitzung am Montag noch der Beschluss gefasst werden müsse.

Beim Erzbistum vermerkt sind bislang zwei von Pfarreien organisierte Unterkünfte im Landkreis Erding. In Hörlkofen wäre in Containern auf kirchlichem Grund für 30 Menschen Platz, allerdings stehen die Räume seit Juni leer, weil die zuständige Firma beim Bau Brandschutzverordnungen missachtet hat. In Klettham ist im Pfarrhof von St. Vinzenz für elf Menschen Platz. Außerdem werden Projekte aus Schwindkirchen und Erding vom Erzbistum unterstützt: In Erding bietet Pax Christi zweimal wöchentlich Deutschunterricht an, in Schwindkirchen hilft die Pfarrgemeinde Mariä Himmelfahrt den Flüchtlingen. Im nahen Sankt Wolfgang prüft das Landratsamt derzeit, ob eine Pfarrwohnung zur Unterkunft taugt.

Doch so mancher Pfarrer spricht auch davon, dass ihm bei aller Solidarität die Hände gebunden seien. "Ich bin da sehr offen, aber manchmal geht es nicht", sagt etwa Franz Gasteiger, der den Pfarrverband Neuching-Ottenhofen leitet. Er spricht ein Problem an, das, sagt Gasteiger, für viele Pfarreien gelte: In älteren Pfarrhäusern geht der Dienstbereich fließend in den Wohnbereich über. So steht in Oberneuching eine Wohnung zwar leer, jedoch ist das Pfarrbüro noch besetzt. "Das muss man schon trennen", sagt Gasteiger, das koste viel und brauche viel Zeit. Er schilderte dem Bürgermeister die Problematik - und die Wohnung steht nun weiter leer.

Auch in Oberding ist ein Pfarrhaus scheinbar für Flüchtlinge verfügbar, dort finden gerade nur Chorproben statt. Doch Pfarradministrator Philipp Kielbassa erklärt, die Wohnnutzung sei aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich: Wasserleitungen sind verunreinigt. Mit Wohnraum kann deshalb auch Kielbassa nicht dienen, er will die Einnahmen aus einem Orgelkonzert spenden, wenn bald neue Flüchtlinge ankommen.

Helfen, da sind sich die Geistlichen einig, wollen sie eigentlich alle. Auch Pfarrer Daniel Tenberg von der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Erding will kircheneigene Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Nur das Landratsamt müsse die noch genehmigen, sagt er.

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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