Erding:JVA wird Abschiebegefängnis

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Verlegung der Strafgefangenen bereits weitgehend abgeschlossen. In wenigen Tagen soll die "Haftplatzreserve" mit überwiegend weiblichen Abschiebungsgefangenen belegt werden

Von Thomas Daller, Erding

Die Justizvollzugsanstalt Erding (JVA) wird zu einem Abschiebegefängnis. Die 92 Haftplätze in der zentralen bayerischen Abschiebehaftanstalt Eichstätt sind weitgehend belegt, sagte ein Pressesprecher des bayerischen Justizministeriums. Nun soll die "Haftplatzreserve" in Erding genutzt werden. In Erding stehen weitere 24 Haftplätze zur Verfügung. Die 47 bislang in Erding Inhaftierten werden in andere Justizvollzugsanstalten verlegt und diese Verlegung sei bereits weitgehend abgeschlossen. Die Umnutzung in Erding soll so schnell wie möglich erfolgen, voraussichtlich bereits in wenigen Tagen.

Bis Juni vergangenen Jahres war Mühldorf die einzige Haftanstalt in Bayern für Abschiebehäftlinge, im Anschluss daran wurden die Abschiebungsgefangenen zentral in der Justizvollzugsanstalt in Eichstätt untergebracht und Mühldorf wieder in eine Strafhaftanstalt umgewidmet. Aber bereits im Oktober vergangenen Jahres hatte der Ministerrat beschlossen, in Erding eine Haftplatzreserve einzurichten, wenn die Kapazitäten nicht mehr ausreichen. Am vergangenen Freitag, 26. Januar, sah man die Notwendigkeit gegeben, diese Reserve in Anspruch zu nehmen. Seither laufen die Vorbereitungen und die Inhaftierten werden im Rahmen von Gefangenentransporten verlegt.

Ursprünglich sahen die Pläne des Ministerrats vor, in Erding bis zu 49 Männer unterzubringen. Nach aktuellem Stand soll die Haftplatzreserve nun überwiegend für weibliche Abschiebungsgefangene und eine geringe Anzahl von Männern genutzt werden. Sie werden anfangs aus der Justizvollzugsanstalt Eichstätt überstellt, später sollen in Erding auch Neuaufnahmen erfolgen, so das Justizministerium.

Mit der Abschiebehaft soll die Abschiebung sichergestellt werden. Dabei wird unterschieden zwischen Sicherungs- und Vorbereitungshaft. Das Gros wird in Sicherungshaft genommen. Sie könne angeordnet werden, wenn die Gefahr der Vereitelung der Abschiebung bestehe. Bis zu sechs Monate kann die Sicherungshaft dauern. Wenn der Ausländer seine Abschiebung verhindere, könne die Haft um höchstens zwölf Monate verlängert werden.

Vorbereitungshaft werde dann verhängt, wenn über die Ausweisung nicht sofort entschieden werden könne und die Abschiebung ohne Inhaftierung wesentlich erschwert oder vereitelt würde. Als Obergrenze gelten sechs Wochen. In Abschiebehaft kann geraten, wer unerlaubt über einen sicheren Drittstaat eingereist ist, nach Ablehnung des Asylantrags den Aufenthaltsort gewechselt hat, ohne sich abzumelden, seine wahre Identität verschleiert oder bei der Beschaffung der Heimreisepapiere nicht mitwirkt. Auch der "begründete Verdacht", dass sich jemand der Abschiebung entziehen will, kann ein Haftgrund sein. Die zuletzt genannte Generalklausel rechtfertigt die meisten Inhaftierungen, für die kein konkreter Haftgrund vorliegt. Betroffen sind Asylsuchende, deren Antrag als "offensichtlich unbegründet" zurückgewiesen wurde, ebenso wie ausländische Straftäter, die nach dem Ende ihrer Haftstrafe abgeschoben werden sollen.

Abschiebehaft wird als Verwaltungsmaßnahme definiert, nicht als Strafe. Daher sind Abschiebungsgefangene auch nicht zur Arbeit verpflichtet und haben somit auch keinen geregelten Tagesablauf. In Eichstätt hat man damit bereits einschlägige Erfahrungen gemacht: Mit verzweifelten Schreien machten die Abschiebungsgefangenen Tag und Nacht die Anwohner auf ihre Lage aufmerksam. Das hatte lediglich zur Folge, dass schalldämmende Fenster eingebaut wurden.

Auch der Erdinger OB Max Gotz (CSU) kann nicht nachvollziehen, warum Asylbewerber, deren Antrag auf Bleiberecht abgelehnt wurde, in ein Gefängnis gesteckt werden: "Sie haben doch nichts angestellt." Es gebe doch auch andere Möglichkeiten, sagte Gotz, zum Beispiel am Camp Shelterschleife. "Dass man aufpassen muss, dass sie nicht weglaufen, kann ich verstehen. Aber es gibt doch sicher Möglichkeiten, sie unterzubringen und einen Zaun drumrumzubauen. Dass man sie einsperrt, leuchtet mir nicht ein." Schwierig sei auch die völlig neue Situation für das Personal. Sie seien mit den Häftlingen eingespielt gewesen und nun verunsichert.

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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