Erding:Haarscharf an einer Tragödie vorbei

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Ein Baum im Stadtpark Erding stürzt plötzlich um - und verfehlt nur knapp ein Ehepaar. Bisher ist unklar, wie das Holz plötzlich nachgeben konnte

Von Alexandra Maier

Ahmet Belgücan und seine Frau sind am Wochenende haarscharf einer Tragödie entgangen. Nur knapp hat sie ein umstürzender Baum im Erdinger Stadtpark verfehlt. Die gute Nachricht: Beide blieben unverletzt.

Am Montag erinnerte kaum noch etwas an die dramatischen Sekunden vom Vortag. Der mächtige Stamm ist bereits in mehrere große Stücke zersägt worden, die ordentlich nebeneinander geschichtet daliegen. Passanten messen den mit Pilzen und Flechten überwachsenen Trümmern keine Bedeutung bei. Ahmet Belgücan blickt auf das, was von dem alten Baum noch übrig geblieben ist und schüttelt den Kopf.

Nur einen Meter davon entfernt steht die Parkbank, auf der Ahmet Belgücan und seine Frau am Sonntag gesessen haben. Beim Stauwehr nahe dem Heilig-Geist-Stift wollten die beiden etwas die Seele baumeln lassen, während ihre Drillinge unweit auf der Wiese spielten:"Es war so herrliches Wetter, wir wollten ein bisschen ausspannen und Kraft tanken für die neue Arbeitswoche", sagt Belgücan.

Noch immer befällt ihn Unbehagen, wenn er an Sonntagmittag denkt. Dabei hatte die Familie Glück im Unglück: "Ich mag mir nicht vorstellen was passiert wäre, wenn der Baum einen Meter weiter nach links gefallen wäre oder wenn unsere Kinder unten beim Wasser gewesen wären", sagt Belgücan. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, was dann geschehen wäre: Der mächtige Stamm - etwa einen halben Meter im Durchmesser - hätte sie unter sich begraben.

"Wir saßen mit dem Rücken zum Baum", erinnert sich Belgücan, als er plötzlich einen seltsamen Luftzug spürte: "Ich kann das nicht genau beschreiben", sagt er. "Man hört einen umstürzenden Baum nicht, sondern man spürt nur die Schallwelle, die er auslöst." Wäre der Baum auf ihn niedergegangen, hätte er keine Chance gehabt: Bis er hätte aufspringen können, wäre es zu spät gewesen. Als er den Luftzug spürte, war der Baum schon gefallen. Durch die Wucht des Aufpralls sei der Stamm in der Mitte in zwei Teile gebrochen, sagt Belgücan.

Wie das passieren konnte, stellt die Verantwortlichen der Stadt Erding vor ein Rätsel - nicht nur, weil es zum Zeitpunkt des Umstürzens nicht besonders windig war. Die Bäume im Stadtpark werden regelmäßig überprüft, sagt der Pressesprecher der Stadt Erding, Christian Wanninger. Im Zuge der Stadtpark-Neugestaltung wurden weite Areale kartiert, die Baumbestände dokumentiert und kategorisiert. "Das ist ja gerade das Mysteriöse", sagt Wanninger. "Bei diesem Baum war immer etwas im Gange." Warum der alte Baum so plötzlich umgestützt ist, weiß man in der Stadtverwaltung noch nicht. Wanninger verspricht aber Aufklärung: "Wir werden den Vorfall in den nächsten Tagen eingehend überprüfen", sagt der Pressesprecher.

Ahmet Belgücan ist froh, dass ihm und seiner Familie nichts passiert ist. Der Stadt Erding macht er keine Vorwürfe: "Ich bin nicht wütend, nicht auf die Stadt, nicht auf sonst jemanden", macht er klar. Belgücan mag den Erdinger Stadtpark und er wird auch weiterhin mit seinen Kindern zum Spielen dorthin kommen.

Als man damals Platz für die Spielgeräte geschaffen hat, mussten einige alte Bäume dem Vorhaben weichen. Bei den Erdingern hat das für Diskussionen gesorgt. "Unser Fall zeigt, dass es richtig ist, die alten maroden Bäume wegzumachen", sagt Belgücan. "Wenn dafür etwas Neues, etwas Gutes entsteht, wie diese Spielwiese, dann ist das doch richtig." Um die Verkehrssicherheit in Erding weiter zu verbessern, hat die Stadt einen Baumkataster in Auftrag gegeben. Dafür werden derzeit etwa 12 000 Bäume im gesamten Stadtgebiet untersucht.

© SZ vom 11.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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