Erding:Freies Netz mit vielen Lücken

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Weil das Optik-Studio Geyer einen Freifunk-Router im Laden aufgestellt hat, ist auf dem gesamten Schrannenplatz kostenloses Wlan frei zugänglich. (Foto: Renate Schmidt)

Wlan vom Nachbarn für Asylbewerberunterkünfte: Initiative Freifunk Erding will den Ausbau verstärken. Vor allem in den ländlichen Gegenden des Landkreises gibt es deutlich weniger Zugänge

Von Judith Issig, Erding

Die Initiative Freifunk konnte im Landkreis Erding inzwischen 44 Router aufstellen. 21 davon versorgen Asylbewerberunterkünfte mit Wlan. Doch in den ländlichen Gegenden des Landkreises gibt es deutlich weniger Zugänge zu kostenlosem, öffentlichen Wlan.

Dabei ist freies Wlan für alle, ein sogenanntes freies Bürgernetz, das eigentliche Ziel der Initiative Freifunk. Privatleute und Inhaber von Geschäften können einen speziell konfigurierten Freifunk-Router an ihren DSL-Anschluss anschließen. Sie geben einen Teil ihrer Internet-Bandbreite der Öffentlichkeit ab, so können Nachbarn oder Passanten kostenlos und ohne Passwort das Wlan nutzen. Auf lange Sicht soll ein breites, freies Netz entstehen, auf das alle überall zugreifen können. Doch davon freilich ist man in der Region noch weit entfernt.

Im Frühjahr 2014 startete die Initiative Freifunk Erding. Der Erdinger Stadtrat Stefan Lorenz und Alexander Fox, beide Mitglieder der Piratenpartei, kümmerten sich um den Ausbau eines freien Bürgernetzes im Landkreis.

Ihr Vorzeigeprojekt ist der Schrannenplatz in Erding: Weil der Inhaber des Optik-Studios Geyer einen Freifunk-Router in seinem Laden aufgestellt hat, ist auf dem ganzen Platz kostenloses Wlan frei zugänglich. Auch die Router an der Sempt-Apotheke und der Campus-Apotheke am Krankenhaus werden regelmäßig genutzt.

Aber im restlichen Landkreis sind vor allem die Asylbewerberunterkünfte gut versorgt. Von staatlicher Seite wird in den Unterkünften kein Internet zur Verfügung gestellt. Im Taschengeld, dass die Asylbewerber erhalten, sei ein Betrag für Telefon- und Internetnutzung enthalten, zum Beispiel für einen Surfstick, sagt Simone Hilgers, Sprecherin der Regierung von Oberbayern.

Acht Unterkünfte im Landkreis, zum Beispiel in Hohenpolding, Moosinning oder Pretzen, bekommen daher ihr Wlan von Nachbarn, die sich der Idee der Freifunker verbunden fühlen und einen Teil ihres DSL-Anschlusses den Flüchtlingen zur Verfügung stellen. Für die Geflüchteten ist das Internet oft die einzige Möglichkeit, mit der Familie und den Freunden zu Hause Kontakt aufzunehmen, ein Lebenszeichen an die Lieben zu schicken. Deswegen sind viele Helferkreise sehr darum bemüht, die Unterkünfte ans Internet anzubinden. Das Projekt Adia aus Erding bietet Deutschkurse für Flüchtlinge über das Internet an. Auch deshalb sei es wichtig, dass die Asylbewerberunterkünfte mit Wlan ausgestattet seien, sagt Lorenz. Und trotzdem: "Es hat sich längst noch nicht jeder Helferkreis aus dem Landkreis bei uns gemeldet." Außerdem sei man immer auf hilfsbereite Nachbarn mit DLS-Anschluss angewiesen.

Obwohl das öffentlich zugängliche, weit verbreitete Netz eigentlich langfristig das wichtigere Anliegen sei als die Versorgung der Asylbewerberunterkünfte, musste der Ausbau eines freien Netzes für die Bürger im Landkreis bisher hinten anstehen, sagt Lorenz. In den ländlichen Teilen des Landkreises gebe es nur vereinzelt Freifunk-Knotenpunkte: "Das Netz ist im Moment noch sehr rudimentär", sagt Lorenz. Einer der Gründe dafür sei aber auch, dass dort DSL-Anschlüsse noch nicht so weit verbreitet seien wie in den größeren Gemeinden im Landkreis. Mit einem LTE-Anschluss sei ein Freifunk-Router nicht zu betreiben.

Ein Grund, warum viele der Idee der Freifunker skeptisch gegenüberstehen, ist die sogenannte Störerhaftung in Deutschland: Ein privater Wlan-Betreiber, der anderen seinen Internetzugang ohne Registrierung oder Passwortsicherung zur Verfügung stellt, haftet für eventuelle Rechtsverletzungen, die über sein Wlan im Internet begangen werden. Um zu verhindern, dass die Bürger, die einen Freifunk-Router aufstellen, für andere Nutzer haften müssen, nutzt der Freifunk eine VPN-Verbindung, "einen Tunnel für die Daten", wie Stefan Lorenz es nennt, nach Spanien und in die Niederlande, wo es die Störerhaftung nicht gibt.

Weil es nicht nachvollziehbar ist, wer Freifunk-Wlan für welche Zwecke nutzt, will die Marktgemeinde Isen weiterhin keine Router der Initiative in ihren eigenen Liegenschaften zulassen. Bei der Stadt Erding sieht Lorenz bessere Chancen für den Freifunk. Zwar habe er noch keine Förderung für die Freifunk-Initiative im Stadtrat beantragt, doch Oberbürgermeister Max Gotz habe ihm zugesichert, dass er nichts dagegen habe, Freifunk-Router in städtischen Gebäuden aufzustellen.

© SZ vom 10.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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