Erding:Es droht die große Lücke

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In den Erdinger Umlandgemeinden haben Patienten immer weniger Hausärzte zur Verfügung. Für junge Mediziner lässt sich der Beruf oft nicht mit familiärem oder sozialem Umfeld vereinbaren

Christoph Schleicher

"Junge Nachfolger zu finden ist praktisch unmöglich", sagt der Wartenberger Allgemeinmediziner Theodor Pösl. Er führt seine Praxis seit 25 Jahren und ist der dienstälteste Allgemeinarzt in Wartenberg. Er sagt, dass er fast keine Hoffnung, dass seine Praxis weiter bestehen bleibe, wenn er aufhört zu arbeiten. Diese Situation ist symptomatisch für den Landkreis Erding, in dem laut der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) im Jahr 2010 knapp 27 Prozent der Ärzte über 60 Jahre alt waren. Wenn sie ihre Praxis schließen, weil sie das Rentenalter erreicht haben, könnte er Mangel an Hausärzten im Landkreis dramatische Ausmaße annehmen.

Um eine einfache Spritze zu bekommen, müssen viele Menschen auch im Landkreis Erding weite Wege in Kauf nehmen. Die Lage könnte sich weiter verschärfen. (Foto: dpa)

In ganz Bayernweit gibt es Schwierigkeiten, einen Nachfolger zu finden, wenn ein Landarzt in Rente geht. Nicht selten muss die Praxis schließen. In Gebieten, in denen es auch bislang keinen Landarzt gab, bleibt die Lage unverändert düster. Auch Adolf Neidhart vom Sozialverband VdK Langenpreising beklagt sich über die fehlende Versorgung vor Ort. "Hier gibt es weder einen Landarzt noch eine Apotheke", sagt er. Für den Langenpreisinger Bürgermeister Peter Deimel ist die Sache klar. "Wenn kein Landarzt herkommen will, dann gibt es auch keinen." Es fehle in Langenpreising auch an Räumen.

Laut der KVB liegt der Versorgungsgrad mit Hausärzten im Landkreis Erding zwar bei 109,3 Prozent. Dennoch gibt es auch eine gefühlte Unterversorgung, da sich viele Praxen in Erding selbst, aber nur wenige in den Gemeinden im Hinterland befinden. Spürbar wird dies bereits für die Organisation des Bereitschaftsdienstes, für den es an Ärzte und Fachärzte fehlt.

Laut Kirsten Warweg von der KVB kommt "die große Lücke aber erst in einigen Jahren, wenn viele Ärzte in Rente gehen." 2011 beendeten bayernweit 340 Hausärzte ihre Tätigkeit, 113 Praxen konnten nicht nachbesetzt werden. Hinzu kommt, dass in der Statistik manche Ärzte als Hausärzte bezeichnet werden, die sich längst anderweitig spezialisiert haben. Nach einer Analyse der KVB waren im Juli 2011 von den 9000 Hausärzten in Bayern 1600 nicht hausärztlich tätig.

Wolfgang Krombholz, der selbst fast 30 Jahre als Landarzt in Isen tätig war und jetzt Vorstandsvorsitzender der KVB ist, hätte nichts anderes machen wollen. "Hausarzt zu sein ist ein schöner Beruf mit Zukunft!", sagt Krombholz mit Überzeugung. Er hält die Situation der Hausärzteaktuell für schwierig - und drückt sich damit noch milde aus. Neben den sich ständig ändernden politischen Rahmenbedingungen seien die Honorare oft wenig zufriedenstellend und die Arbeitsbelastung hoch.

Den Nachwuchs will Krombholz daher bereits während des Studiums für den Beruf des Hausarztes motivieren. Die KVB wirbt mit einer Kampagne an der Universität Erlangen-Nürnberg aktiv für den Beruf. Studierende sollen neben der Theorie auch Einblick in den Praxisalltag eines Hausarztes bekommen. "Nur wenn wir genügend junge Kolleginnen und Kollegen für den Beruf des Hausarztes begeistern können, werden wir auf Dauer die wohnortnahe Versorgung aufrecht erhalten können."

Außerdem will der Freistaat Bayern bis 2014 15 Millionen Euro für die ländliche Versorgung ausgeben. Gesundheitsminister Marcel Huber will Ärztehäuser mit familienfreundlichen Arbeitszeiten, hausärztliche Gemeinschaftspraxen mit fachärztlichen Filialpraxen sowie regionale Versorgungszentren fördern. Junge Ärzte sollen bei Gründung oder Übernahme von Praxen auf dem Land mit 60000 Euro unterstützt werden.

© SZ vom 23.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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