Kochkurse an der VHS haben immer Konjunktur:"Einfach mal mutig sein"

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Man sollte meinen, mittlerweile könnte jeder italienisch kochen. Mitnichten. Diese Kurse sind weiterhin sehr beliebt. (Foto: privat)

Die Volkshochschule bietet mehr als 25 Kochkurse an. Früher war "Gesund, leicht und schnell" beliebt, heute geht der Trend zu "Superfood" oder "Foodpairing". Die bayerische Küche bleibt aber ein Dauerbrenner

Interview von Sophia Fürmann, Erding

- Die besten Gerichte aus allen Ländern der Welt, von Bayern bis Italien, von Kambodscha bis Mexiko, finden sich wieder im aktuellen Kochkursangebot der Volkshochschule Erding. Über Trends und Gegentrends hat die Erdinger SZ mit Manfred Muster, Fachbereichsleiter für Gesundheit, gesprochen.

SZ: Sie bieten mehr als 25 Kochkurse an. Wird das Angebot mit der weltoffenen Gesellschaft immer größer?

Manfred Muster: Es schwankt. Die Angebotszahlen der Kochkurse schwanken immer zwischen 25 und 35 Kursen. Man kann das Angebot nicht beliebig erweitern, auch aus räumlichen Gründen. Die AOK Küche in Erding ist weggefallen, wir sind aber sehr zufrieden mit dem Selma Küchenstudio in Forstern.

Wie hat sich das Angebot im Vergleich zu früher verändert?

Vor zehn Jahren hatten wir viel Erfolg mit Kursen wie "Gesund, leicht und schnell", also Kurse für Berufstätige und Leute, die nicht mehr aufwendig kochen wollen. Und auch mit Basic-Kochkursen. Das funktioniert nicht mehr so. Dauerbrenner sind unsere Kurse "Gmiatlich boarisch kocha" und "Alte Rezepte zu neuem Genuss erwecken". Was seit längerer Zeit sehr gut läuft, ist asiatische Küche, unter anderem auch aus Indien. Dagegen nicht mehr ganz so beliebt ist die Mittelmeerküche. Das liegt aber auch zum Teil daran, ob man Kursleiter hat. In letzter Zeit kommt auch das Kursangebot Superfood sehr gut an, aber auch die südamerikanische Küche aus Mexiko oder Peru. Bis vor einiger Zeit war die vegetarische und vegane Küche ein großer Trend, der jetzt schon wieder ein bisschen vorbei ist.

Welcher Kurs ist am schnellsten ausgebucht?

Schwer zu sagen. Sicher ist, dass "Gmiatlich boarisch kocha" wieder sehr beliebt ist. Kochen im Wok ist auch immer schnell ausgebucht, genauso wie Sushi Kurse.

Und was geht gar nicht mehr?

Extrem schwer gehen Kochkurse über zwei Abende. Auch ein Kurs speziell zur deutschen Küche und Kochen für Einsteiger haben beide leider nie oder nicht mehr stattgefunden.

Warum ist das so? Zu zeitaufwendig?

Man sollte meinen, mittlerweile könnte jeder italienisch kochen. Mitnichten. Diese Kurse sind weiterhin sehr beliebt. (Foto: privat)

Das könnte der Grund sein; unsere Zeit wird immer schnelllebiger.

Was hat es mit dem Superfood-Kochkurs auf sich?

Das ist der Kochtrend, exotische Lebensmittel wie Chiasamen oder Gojibeeren zu verwenden. Also Lebensmittel, die einen besonders hohen Vitaminanteil haben und sehr wertvoll sind. Das Wichtige dabei ist der Gesundheitsaspekt - Turbolebensmittel, die besonders gesundheitlich wirksam sind. Das ist eine positive Abgrenzung zu Nahrungsergänzungsmitteln und chemischen Vitaminzugaben, die zum Teil sogar gefährlich sind. Natürliche Lebensmittel können dagegen vom Körper sehr gut aufgenommen werden.

Gehen Sie mit dem Essenstrend?

Wir versuchen's. Es gibt saisonbedingte Angebote wie Spargelkurse, die sehr gut aufgenommen werden. Aber auch "Partyminis aus dem Glas" scheint ein Trend zu sein. In diese Richtung wird es noch verschiedene Angebote geben. Im Moment tut sich etwas Spannendes auf, etwas wirklich Neues: Die Kochart Foodpairing kombiniert unterschiedliche Lebensmittel, die außergewöhnlich sind. Untersuchungen zeigen, dass exotisch weit auseinanderliegende Lebensmittel - wie Schokoladenmuffins mit Blauschimmelkäse oder bei Getränken Whiskey und schwarzer Tee - , die aber mindestens einen natürlichen Haupt-Aromastoff gemeinsam haben, toll zu kombinieren sind. Eine unserer Kursleiterinnen ist gerade dabei, sich einzuarbeiten. Letztendlich sind uns immer zwei Sachen wichtig: Kochen muss Genuss sein. Kochen und Essen gehört zusammen, deshalb gibt es immer genügend Zeit zu plaudern, sich kennenzulernen und zu genießen. Und zweitens, eine Küche anzubieten, die gesundheitlich orientiert ist. Das heißt aber nicht, dass wir auf einen Schweinebraten bei "Gmiatlich boarisch kocha" verzichten.

Würden Sie sagen, dass der Gesundheitswahn Sie bei der Kurswahl beeinflusst hat?

Das muss man genau definieren. Natürlich gibt es so etwas wie Gesundheitswahn oder Selbstoptimierung. Auf der anderen Seite sind die Zeiten, in denen wir leben, nicht besonders gesund. Früher hatte man Zeit zu kochen. Das fällt immer mehr weg und geht Richtung Fastfood. Die Bedingungen für gesundes Essen werden immer schlechter, die Anstrengung, gesund zu bleiben, aber immer größer. Da muss man einen Mittelweg finden. Essen hat etwas mit Ruhe, Muße und mit Erlebnis zu tun. Aber wir müssen den Leuten auch die Möglichkeit bieten, einfache, interessante Gerichte zu kreieren, die nicht unheimlich viel Zeit kosten.

Manfred Muster ist Fachbereichsleiter für Gesundheit bei der Volkshochschule Erding und ihr stellvertretender Leiter. (Foto: Peter Bauersachs)

Was war ihr ausgefallenster Kochkurs ?

Womit wir immer Probleme hatten, ist das Thema Hülsenfrüchte. Da haben wir fast nie einen Kurs zustande bekommen. Aber wir hatten zumindest einen witzigen Kurstitel: "Mehr als Böhnchen und Tönchen".

Wer meldet sich bei Ihnen hauptsächlich an? Auch das starke Geschlecht?

Dafür müsste ich eine Auswertung machen. Aber im Bereich Kochkurse sind tendenziell mehr Männer vertreten als in den restlichen Gesundheitsangeboten wie Vorträge, Yoga, Fitness-oder Tanzkurse.

Wie steht es mit den Erfolgsaussichten? Kann man danach wirklich kochen?

Das wäre unser Ziel, aber es ist die Frage, ob wir das leisten können. Es ist schade, dass man nicht mehr den Anspruch haben darf, Leute systematisch in das Kochen einzuführen. Wir haben das ja eine Zeitlang mit Mehrtageskursen versucht. Das heißt, es kommen zu uns meistens Leute, die schon gewisse Grundkenntnisse haben. Und es ist natürlich auch noch die Frage, wie man "kochen können" definiert. Vielleicht wäre ja ein Teil von einer Kochkompetenz auch die Fähigkeit, mutig zu sein beim Kochen - zu sagen: "Ich probier's einfach mal".

Haben Sie selber schon mal an einem Kochkurs teilgenommen?

Ja, natürlich. Auch weil es unglaublich gemütlich ist, zum Schluss zusammenzusitzen und das zu genießen, was man gekocht hat. Ganz erstaunlich ist, wie schnell beim Kochen positive Kontakte entstehen. Bei manchen Kursleitern gibt es eine große Fangemeinde, wo dieselben Leute über Jahre wieder kommen.

Sollten die Erdinger nach so vielen Angeboten zur italienischen Küche nicht langsam mal Italienisch kochen können?

Auch das ist spannend: Wir hatten lange eine ältere Dame als Kursleiterin, die italienische Küche aus verschiedenen Regionen angeboten hat. Solange es interessante, schmackhafte Variationen gibt, glaube ich, dass die italienische Küche oder Mittelmeerküche weiter erfolgreich sein wird. Sie ist einfach zu gut.

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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