Erding:Eine gewaltige Kraftanstrengung

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Aufbauarbeiten am Erdinger Fliegerhorst dauern an. Die für diesen Samstag angepeilte Eröffnung des Flüchtlings-Camps "lässt sich wohl nicht einhalten", heißt es aus der zuständigen Bundesbehörde

Von Florian Tempel, Erding

Der Zorn des Erdinger Oberbürgermeisters Max Gotz (CSU) über die Informationspolitik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das am Fliegerhorst ein großes Durchgangszentrum einrichten wird, hat sich etwas gelegt. Weil es der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (CSU) möglich gemacht hat, dass die Presse am Montag erstmals den im Aufbau befindlichen "Warteraum Erding" besuchen konnte. Es sei "ein längst überfälliger Schritt" gewesen, sagt Gotz, dass die Öffentlichkeit endlich Details zum Stand der Dinge, zum technischen Ablauf und dem Betriebsmanagement erfahren habe. Auch die Einbindung der Erdinger Stadtverwaltung in den täglichen Lagebesprechungen am Fliegerhorst "läuft nun besser", sagt der OB, wenngleich "noch nicht zufriedenstellend". Seine Kritik richtet sich hier wieder gegen das Bamf, das seiner Ansicht nach "noch immer nicht richtig in die Gänge kommt".

Eine neue Entscheidung ist am Mittwoch gefallen: Neben einer Zufahrt an der Bundesstraße B 388 zwischen Unterstrogn und Emling, über die Busse die Flüchtlinge zum Camp mitten im Fliegerhorst bringen und dort abholen werden, soll nun definitiv auch ein kürzerer Fußweg in die Stadt angelegt werden. Dieser soll an der B 388 an der Einmündung der Straße nach Salmannskirchen enden. Ab diesem Punkt führt ein Fuß- und Radweg neben der Bundesstraße in die Stadt. Ohne den Fußweg wäre zu erwarten, dass womöglich große Gruppen von Flüchtlingen über die Buszufahrt und dann kilometerweit auf der Fahrbahn der B 388 Richtung Erding gehen würden. Die Erfahrungen andernorts haben gezeigt, dass sich nicht wenige Flüchtlinge nach ihrer Registrierung auf eigene Faust auf den Weg machen. Günther Geiger, der Teamleiter des Roten Kreuzes am Fliegerhorst Erding, wies auf einen menschlich nachvollziehbaren Aspekt dieser "unkontrollierten Abreisen" hin. Wenn Flüchtlinge Verwandte in greifbarer Nähe hätten, löse die Aussicht, diese nach womöglich vielen Monaten oder Jahren wiederzusehen, "die pure Freude bei ihnen aus". Geiger machte zudem noch einmal klar, dass man nach international geltendem Recht sowieso niemanden in einem Flüchtlingslager festhalten darf.

Wann die ersten in den Grenzregionen Bayerns neu ankommenden Flüchtlingen nach Erding gebracht werden, steht immer noch nicht genau fest. Die für diesen Samstag angepeilte Eröffnung des Camps "lässt sich wohl nicht einhalten", sagte Bamf-Pressesprecher Mehmet Ata.

Beim Pressetermin am Montag wurde deutlich, dass die Errichtung des Durchgangslagers - die Flüchtlinge sollen hier nur registriert und nach maximal drei Tagen weiterverlegt werden - eine gewaltige Kraftanstrengung und eine sehr komplexe Angelegenheit ist. Die Aufbauarbeiten werden vor allem vom Technischen Hilfswerk (THW), "helfenden Händen" der Bundeswehr und Mitarbeitern des Roten Kreuz geleistet. Die etwa 50 ständig am Fliegerhorst präsenten THW-Mitarbeiter werden von bis zu 120 ehrenamtlichen THW-Helfern unterstützt. Die Ehrenamtlichen rücken werktags nach 17 Uhr an, um bis in den späten Abend mitzuarbeiten. Am Wochenende wird von 7.30 bis 23 Uhr geschuftet. Wenn das THW 18 Betonhallen winterfest gemacht und ausgestattet, zehn Großzelte und 70 Bürocontainer aufgestellt, Hunderte Meter Wasser- und Elektroleitungen gelegt, Straßen und Wege planiert und geteert sowie 3500 Meter Maschendrahtzaun errichtet hat, geht die Arbeit des Roten Kreuzes weiter - und erst richtig los.

DRK-Teamleiter Geiger betonte, dass das Flüchtlingscamp, in dem das Rote Kreuz für die Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge zuständig ist, schon jetzt ein "internationaler Großeinsatz" sei. In Erding arbeiten Rotkreuz-Helfer aus Kanada, Finnland, Dänemark und Belgien mit. Nicht nur, weil dies Spezialisten für solche Einsätze sind, sondern weil das Deutsche und vor allem das Bayerische Rote Kreuz an die Grenzen seiner Möglichkeiten gestoßen sei.

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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