Erding:"Ein Stück mehr Freiheit für die jungen Leute"

Lesezeit: 2 min

Seit Mitte März fragen etwa doppelt so viele Frauen wie bisher bei Armin Braun nach der "Pille danach". (Foto: OH)

Die rezeptfreie "Pille danach": Armin Braun sprach mit der SZ über die Verantwortung der Apotheker

Interview von Jan-Hendrik Maier, Erding

Seit dem 15. März darf die "Pille danach" rezeptfrei abgegeben werden. In Deutschland sind zwei Hormon-Präparate zugelassen, die einen Eisprung verhindern oder verzögern. Die Süddeutsche Zeitung sprach mit Armin Braun von der Stadtapotheke Erding über die Chancen des Medikaments, Beratung und die Verantwortung der Apotheker.

SZ: Herr Braun, wie stark ist die "Pille danach" in Erding gefragt?

Armin Braun: Die Pille wurde schon immer stark gefragt. Mit Aufhebung der Rezeptpflicht kommen aber etwa doppelt so viele Frauen wie bisher zu uns. Das Alter spielt dabei keine Rolle.

Erleben Sie, dass das Medikament als eine Art "Notfallverhütung" verwendet wird?

Natürlich ist das eine Notfallverhütung, die man braucht, wenn zum Beispiel beim Geschlechtsverkehr ein ungewolltes Missgeschick passiert ist. Ist das vorgeschriebene Beratungsgespräch aus Ihrer Sicht sinnvoll? Worauf weisen Sie die Frauen hin und wie reagieren diese?

Das Beratungsgespräch ist sehr sinnvoll, und die betroffenen Frauen reagieren verständnisvoll, denn es geht um ihren eigenen Schutz. Wenn zum Beispiel eine Schwangerschaft vorliegt, ist ein Gebrauch der "Pille danach" ausgeschlossen. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln müssen beachtet werden.

Kann das Medikament aus Ihrer Sicht missbräuchlich verwendet werden?

Es kann nicht außerhalb seiner vorgesehen Indikation missbraucht werden. Natürlich wird es die eine oder andere Frau geben, die sich notfalls entscheidet, statt anderer Verhütungsmittel auf die "Pille danach" zu setzen. Das ist nicht auszuschließen.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, warnte im März davor, dass die "Pille danach" "nun mal keine Smarties" wären. Haben Sie den Eindruck, dass sich manche Frauen leichtsinnig für das Medikament entscheiden würden?

Manche Politiker wollten die Abgabe in den Händen der Ärzte lassen. Die kontroversen Äußerungen gingen quer durch alle Fraktionen und waren wohl Ausdruck bestimmter Gewissensentscheidungen. Die enthaltenen Hormondosen sind ja nun auch keine Kleinigkeit. Aber nein, ich denke nicht, dass die "Pille danach" leichtsinnig verwendet wird. Die Abgabe in der Apotheke erfolgt ja verantwortungsvoll.

Welche möglichen Chancen und Gefahren sehen Sie in der rezeptfreien "Pille danach"?

Ich denke, es ist ein Stück mehr Freiheit für die jungen Leute. Sie können sich bewusst und aus freien Stücken dafür oder dagegen entscheiden. Die komplizierte Geschichte mit dem Gang zum Notdienst, wo die Betroffenen vielleicht lange warten mussten oder gar abgewiesen wurden, fällt weg. Gleichzeitig ist es aber mit viel Verantwortung verbunden. Eine Verantwortung, die zum Teil wir Apotheker mittragen. Wir dürfen ja die Abgabe nicht ohne weiteres verweigern. Deswegen ist die Beratung so wichtig. Wenn wir ein Risiko entdecken, empfehlen wir den Frauen aber weiterhin einen Arztbesuch.

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: