Erding:Ein Leck in den besten Jahren

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Es gibt viele junge und alte Schiedsrichter, aber keine in der Mitte. Der Bayerische Fußball-Verband tut sich schwer damit, alle Spiele im Landkreis mit seinen eigenen Unparteiischen zu besetzen.

Mathias Weber

Eine Lücke klafft bei den Schiedsrichtern: Es gibt viele junge und viele ältere Schiedsrichter, doch nur wenige zwischen 30 und 50 Jahren (Foto: FFB)

Wie fair kann so einer sein? Wenn es bei den Spielen der Erdinger D-Jugend zu kritischen Situationen kommt, ist klar, dass der ein oder andere die Augenbraue hochzieht: Denn beileibe nicht alle Spiele konnten mit vom Bayerischen Fußball-Verband entsandten Schiedsrichtern bestückt werden. Die Folge war, dass die Vereine anderweitig für Ersatz sorgen mussten - manchmal aus den eigenen Reihen. In einigen Fällen mussten Trainer der eigenen Mannschaft den Schiedsrichter spielen. Und die Spieler, Helfer und Zuschauer fragen sich: Wie unparteiisch kann so einer tatsächlich sein?

Eine kuriose Situation, aber kein Einzelfall: Tatsächlich ist es der Erdinger Schiedsrichtergruppe des Fußball-Verbandes derzeit nicht möglich, durchgehend alle Spiele zu besetzen, trotz der 182 aktiven Mitglieder. Florian Riepl, der Obmann der Erdinger Schiedsrichtergruppe, sagt: "Da liegt ein Problem in der Luft." Er sieht das Problem in der Altersstruktur. Die Situation sei vor allem bei den 30- bis 50-Jährigen schwierig, nur wenige Dutzend Aktive gäbe es in diesem Alter.

"Wir haben ein Loch, das man nicht so leicht stopfen kann", sagt Riepl. Wie eine Schere gehe das Alter auseinander: Der Nachwuchs bereitet ihm wenig Sorgen und auch die 60-Jährigen und noch älteren Semester seien sehr aktiv. Warum aber genau diejenigen mit der Schiedsrichterei aufhören, die man dringend bräuchte, das ist laut Riepl ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren: "Es gab in der Vergangenheit zu wenig Aufstiegschancen, zu wenige Möglichkeiten, in die höheren Ligen zu kommen. Aber der Verband ist gerade dabei, das zu verbessern." Riepl selbst hat mit 15 Jahren als Schiedsrichter angefangen und ist dabei geblieben, hat sich hoch gearbeitet: Kreisliga, Bezirksliga, Oberliga. "Man rutscht da so rein", sagt er, "und dann bleibt man dabei." Wenn er nicht aufgestiegen wäre, sagt der 29-jährige Riepl, er wüsste nicht, ob er noch dabei wäre.

Dazu kommt die schlechte finanzielle Ausstattung der Unparteiischen. In der D- und C-Jugend bekommt man zwischen zehn und 20 Euro für einmal Pfeifen, dazu kommen 30 Cent pro Kilometer Fahrtkosten. In der Bezirksliga sind es schon 28 Euro pro Spiel, der Aufwand ist aber viel größer, man muss ganz Bayern abfahren. Assistenten kommen noch schlechter weg: zwölf Euro in der Kreisliga, 14 in der Bezirksliga. Zwar solle Geld keine große Rolle spielen, sagt Riepl, es solle ja auch Spaß machen. Aber viel Ansporn sei das kleine Taschengeld eben auch nicht. Die Männer würden sich dann eben sagen: "Bevor ich mir den Aufwand antue und am Sonntag auf dem Platz beschimpfen lasse, bleibe ich lieber daheim bei der Familie."

Dass der Schiedsrichter nicht der Beliebteste auf dem Platz ist, ist kein Geheimnis. "Wir müssen ein bisschen was aushalten, das ist klar", sagt Riepl. Aber er sagt auch, dass es unbequemere Regionen für Schiedsrichter gebe als Erding. Hier kenne man sich und pflege einen guten Umgang miteinander. "In anderen Regionen wie München oder auch schon Freising ist der Spielbetrieb viel anonymer, da kommt es schon mal zu Reibereien." In Erding seien es nicht die Spieler, die für Unruhe auf dem Platz sorgen, sondern deren Eltern.

"Es gibt im Jugendbereich sehr viele engagierte Eltern, die mit ihren Kindern mitleiden", sagt Hans Egger. Er ist Vorsitzender der Jugendfördergemeinschaft der Erdinger Fußballvereine. "Daraus ergibt sich ein Konfliktpotenzial", wie er es diplomatisch ausdrückt. "Die Eltern meinen, sie seien gute Eltern und noch bessere Trainer. Aber es heizt die Spieler auf, wenn von draußen immer jemand rein schreit." Gerade für junge Schiedsrichter sei es dann schwierig, solche Situationen zu managen. Deshalb steht immer ein älterer Lehr-Schiedsrichter dabei, meisten ein Senior. "Ohne diese Freiwilligen würde es nicht gehen", sagt Obmann Riepl.

Anfang Februar, sagt er, bietet der Erdiger Verband wieder einen Neulingskurs an. "Von den 15 Neulingen, die bei den Kurse mitmachen, bleiben vielleicht eine Handvoll dabei. Aber eigentlich bräuchte ich jedes Jahr 15 neue Schiedsrichter, um den Spielbetrieb am Laufen zu halten."

© SZ vom 23.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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