Erding:Dünne Personaldecke

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Bayernweit werden neue Lehrer für die Mittelschulen gesucht. Im Landkreis kann die mobile Reserve Engpässe noch abdecken, aber auch sie ist bereits ausgereizt

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Seit Jahren reicht die Zahl der Studienabsolventen alleine nicht aus, um den steigenden Bedarf an Mittelschullehrern zu decken. Davon ist das bayerische Kultusministerium auch in seiner Prognose Anfang März ausgegangen. Derzeit sind im Freistaat noch Stellen für das kommende Schuljahr frei. Im Landkreis Erding hingegen ist die aktuelle Situation relativ entspannt. "Wir sind ausreichend versorgt", sagt die Leiterin des Schulamtes Erding, Marion Bauer. Im Schuljahr 2015/16 konnten an den zehn Mittelschulen alle Stellen besetzt werden. Anfang Februar erhielt man zwei neue Vollzeitkräfte und es gebe einige Bewerber, die sich gezielt um einen Posten im Landkreis bemühten, sagt Bauer. Dennoch ist ungewiss, ob die Situation mittelfristig so anhält. Denn bereits jetzt ist die Personaldecke an einigen Schulen im Landkreis dünn.

"Es geht noch, aber es steht scharf auf der Kante", sagt Rektor Josef Hofstetter von der Mittelschule Taufkirchen. Momentan unterrichten bei ihm zwei Lehrer aus der so genannten mobilen Reserve, einem Pool an frei verfügbaren Lehrkräften, den das Schulamt verwaltet. Im Jahr 2015/16 besteht er für die Mittelschulen aus 13 Pädagogen, die nach Bauers Angaben "stets gut im Einsatz" sind. "Mehr darf nicht passieren", sagt Hofstetter. Ansonsten müsste man Klassen zusammenlegen oder, wenn es nicht mehr anders geht, Stunden ausfallen lassen. Beides sei aber bisher nicht der Fall gewesen. Hofstetter ist überrascht, dass die Wartelisten leer seien. "Allgemein hat es in diesem Jahr wenig Nachwuchs gegeben."

In einer ähnlichen Situation befindet sich die Leiterin der Mittelschule am Lodererplatz, Petra Leubner. Falls ein Kollege für längere Zeit ausfällt, versucht sie, eine Vertretung über das Schulamt zu bekommen. Nicht immer sei ihr das gelungen. In solchen Fällen seien Improvisation und "viel Engagement der Kollegen" gefragt. Aber "es ist eng", sagt Leubner.

Michael Oberhofer ist Rektor der Grund- und Mittelschule Isen und auch er griff bereits auf eine "kreative Lösung" zurück, als die mobile Reserve voll ausgereizt war: Eine Teilzeitkraft hat freiwillig mehr Stunden übernommen. Als Kreisvorsitzender des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) warnt Oberhofer jedoch: "Noch sind wir gut aufgestellt, aber sollten mehr Lehrer ausfallen, wird es schwierig, Ersatz zu finden."

Schon seit längerem haben angehende Lehrer für die Mittelschulen sehr gute Chancen übernommen zu werden. Nach Angaben des Kultusministeriums wurde zu Beginn dieses Schuljahres jeder der etwa 500 Bewerber im Freistaat eingestellt und verbeamtet. Dessen ungeachtet entscheidet sich nach wie vor ein Großteil an den Universitäten für eine Laufbahn am Gymnasium oder der Realschule. "Momentan ist das Berufsbild bei den Studenten nicht attraktiv", sagt Hofstetter. Wie die meisten seiner Kollegen, mit denen die Erdinger SZ gesprochen hat, sieht er eine Ursache im späterem Gehalt. Angehende Mittelschullehrer werden nach Besoldungsgruppe A 12 bezahlt, ihre Kollegen am Gymnasium hingegen nach A13 - ein Unterschied von mehreren hundert Euro brutto im Monat. BLLV-Vertreter Michael Oberhofer kann das nicht nachvollziehen. Er ist jedoch optimistisch, dass sich der Negativtrend bei den Studienanfängern durch die guten Einstellungschancen bald umkehren könnte.

Dass es bayernweit zu wenig qualifizierten Nachwuchs gibt, daran zweifelt keiner. Im Landkreis Erding sind einige Rektoren dennoch mit der Lage an ihrer Schule zufrieden. "Die Personalsituation ist gut", sagt Karin Rausch von der Mittelschule Altenerding. "Bei uns hilft jeder zusammen. Wenn wir intern nicht mehr vertreten konnten, haben wir bisher immer eine mobile Reserve bekommen." So sehen das auch Annemarie Weiß, Rektorin der Mittelschule Dorfen und Adolf Geier von der Marie-Pettenbeck-Schule in Wartenberg. Geier vermutet, dass nicht zuletzt negative Vorurteile von den Bedingungen an Mittelschulen den Nachwuchs abhält. "Die Schüler werden oft schlechter dargestellt, als es die Realität ist. Vielleicht geistern bei manchen die Bilder von der Berliner Rütli-Schule im Kopf herum."

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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