Erding:Die Gleichung geht nicht auf

Lesezeit: 2 min

Auch im Bereich der Altenpflege ist der Einsatz der Bufdis durchaus erwünscht und sinnvoll. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Vor vier Jahren wurde der Zivildienst abgeschafft, durch den Bundesfreiwilligendienst sollten die fehlenden Helfer ersetzt werden. Die Malteser in Erding etwa haben einen Bufdi - es dürften gerne aber auch deren zehn sein.

Von Sarah Weiss, Erding

Sie haben im Krankenhaus geholfen, im Umgang mit alten Menschen oder im Kindergarten - 2011 wurde dann der Zivildienst abgeschafft. Seither können sich Jugendliche und Erwachsene im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) bei gemeinnützigen Einrichtungen engagieren. Weil das keine Pflicht mehr ist, beklagen einige Organisationen fehlende Arbeitskräfte. Ein Problem, das es per Definition eigentlich nicht geben dürfte.

Der stellvertretende Pressesprecher des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben Peter Schloßmacher sagt, die Zahlen der Zivis seien schon vor der Umstellung auf den Bundesfreiwilligendienst zurückgegangen, die Jahresdurchschnittszahl der Freiwilligen habe sich auf Bundesebene von 2013 auf 2014 sogar wieder erhöht. In Bayern sei die Anzahl mit ungefähr 3200 Freiwilligen in den vergangenen beiden Jahren konstant geblieben, Schloßmacher geht davon aus, dass das Budget auch heuer wieder ausgeschöpft werde. Im Moment sind nach seinen Angaben 15 Freiwillige im Landkreis Erding beschäftigt: sieben Männer, acht Frauen.

Er versteht das Problem vieler Einrichtungen nicht, sollen die Stellen des Bundesfreiwilligendienstes wie auch damals die des Zivis doch "arbeitsmarktneutral" sein. Sie sollen keine Stellen ersetzen, sondern eine zusätzliche Unterstützung für die sozialen Einrichtungen sein. Zusätzliche Angestellte können diese aber offenbar finanziell nicht stemmen und stehen nun vor Problemen. "Als ich noch in dem Alter war, hatten die Malteser 25 Zivis gleichzeitig", erinnert sich Sebastian Oberpriller. Heute ist er Dienststellenleiter in Erding und muss für jeden, der bei den Maltesern Freiwilligendienst leistet, kämpfen. "Im Moment habe ich einen Freiwilligen, aber ich würde so viele nehmen, wie ich bekommen kann - gerne auch zehn."

Die Zivildienstleistenden haben in Vollzeit gearbeitet, jetzt müsse er die Aufgaben auf viele geringfügig Beschäftigte aufteilen. Oberpriller sieht auch das Alter der Bewerber als Grund für den Mangel. "Die Bufdis werden bei uns viel im Fahrdienst eingesetzt. Das geht natürlich nicht, wenn jemand erst 16 Jahre alt ist. Damit fallen wir für einen Teil der Interessenten schon mal weg." Die früher üblichen Patientenfahrten können die Malteser also heute nicht mehr leisten. "Wenn ich mir anschaue, dass die Kollegen in Traunstein über zehn Leute haben, frage ich mich, was wir hier falsch machen." Weniger drastisch sieht die Situation beim BRK in Erding aus. Öffentlichkeitsreferentin Danuta Pfanzelt sagt, der BFD werde bei ihnen gut angenommen. "Momentan sind vier Personen im Rettungsdienst tätig, wir würden aber noch weitere nehmen." Zusätzlich leisten zwei Helfer ihr Freiwilliges Soziales Jahr beim Roten Kreuz im Fahrdienst ab. "Im Jahr 2011, als die Umstellung erfolgte, war es schon schwierig, weil alles so kurzfristig entschieden wurde. Mittlerweile hat sich die Situation aber stabilisiert."

Die Kreisgeschäftsführerin der Caritas, Barbara Gaab, spricht von einem "ausgesprochenen Glück, dass wir nie auf Zivis angewiesen waren und deshalb jetzt auch nicht auf Bufdis." Sie hätten genügend Anfragen, investieren aber auch viel Zeit in Werbung, zum Beispiel bei speziellen Projekttagen an Schulen. Die Freiwilligen empfindet sie als Luxus: "Es geht nicht darum, Arbeitsplätze zu ersetzen, sondern um zusätzliche Unterstützung. Das ist großartig." Dass junge Menschen nicht mehr dazu verpflichtet werden, sich sozial zu engagieren findet Gaab schade. "Menschen, die das jetzt machen, haben sowieso eine soziale Ader und machen das mit und ohne Verpflichtung. Durch die Pflicht des Zivis haben viele Menschen soziale Berufe kennengelernt, die das sonst nie gemacht hätten." Die Chance gehe nun verloren. Das sei besonders angesichts es Fachkräftemangels in sozialen Berufen sehr bedauernswert.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: