Was auf die Erdinger (vielleicht) zukommt:Der Stern muss her

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Die Hoffnung stirbt zuletzt: Acht Projekte im Landkreis sind für den kommenden Bundesverkehrswegeplan angemeldet - verwirklicht werden bestimmt nicht alle

Von Mathias Weber

Jemand, der eine Karte vom Landkreis Erding anfertigt, hat es nicht so schwer: Der Landkreis ist fast rund. Kein Vergleich zum Beispiel zum verrückten Landkreis München, der sich östlich um die Landeshauptstadt legt. Der Landkreis Erding ist ziemlich dickbäuchig, und so zeigt sich umso besser, dass er derzeit von allen Seiten angegriffen wird.

Wie Armeen auf einer Schlachtkarte nehmen die großen Infrastrukturprojekte den Landkreis in die Mangel: Im Westen der Erdinger Ringschluss, im Süden die Autobahn und die Bahnstrecke nach Mühldorf, im Osten die B 15. Über den Landkreis brechen in den kommenden Jahren so viele Infrastrukturgroßprojekte herein, für die andere Landkreise 100 Jahren Zeit haben, sie zu verdauen.

Die Träger der Erdinger Nordumfahrung und des Ausbaus der Flughafentangente - zwei weitere Großprojekte - sind der Freistaat und der Landkreis. Die anderen Großprojekte aber finanziert der Bund, und nach Berlin blicken viele Bürgermeister und andere Lokalpolitiker derzeit gespannt: Im Laufe der kommenden Monate soll ein neuer Bundesverkehrswegeplan beschlossen werden.

Dieser Plan ist eine Absichtserklärung der Bundesregierung: Dort finden sich Straßen-, Bahn-, und Wasserwegeprojekte aus allen Ecken der Bundesrepublik wieder, die vom Bund finanziert werden. Gemeldet werden die Projekte von den Ländern und Projektpartner, etwa der Deutschen Bahn. Für den Bundesverkehrswegeplan 2015 wurden mehr als 2500 Projekte angemeldet, acht sind es im Landkreis Erding. Auch sie werden derzeit in Berlin bewertet: Acht Stufen durchläuft jedes Projekt, die Prognose der Verkehrsentwicklung spielt eine Rolle, es muss einen Nachweis der Bauwürdigkeit geben, Länder, Verbände und die Bundesressorts werden angehört. Eine große Rolle spielt auch die gesamtwirtschaftliche Bewertung eines Projektes, dazu gehört zum Beispiel die Reisezeitersparnis, welche durch ein Projekt erzielt wird. Die Bundesregierung hat sich zudem auf gewisse Prioritäten geeinigt: Ausbau erfolgt vor Neubau, überregional bedeutsame Projekte werden bevorzugt behandelt. Am Ende landen die Projekte in verschiedenen Töpfen: Straßen, Schienen und Wasserwege, die dringend gebaut werden sollen, kommen in den so genannten vordringlichen Bedarf, der große Rest in den weiteren Bedarf. Neu im Bundesverkehrswegeplan 2015 wird ein weiterer Topf sein: Projekte, die ganz dringend gebaut werden müssen, werden mit einem Sternchen versehen. In den kommenden 15 Jahren - etwa so lange wird der neue Bundesverkehrswegeplan wieder gelten - sollen diese dann verwirklicht werden.

Foto: Carsten Rehder/dpa (Foto: Carsten Rehder)

Im Idealfall zumindest. Im Normalfall aber haben nur sehr wenige Projekte eine realistische Chance, auch gebaut zu werden - und schon gar nicht alle acht im Landkreis Erding. Das liegt zum einen daran, dass die Liste auf 15 Jahre angelegt ist, und zum Beispiel 2025, wenn dann ein Projekt angegangen wird, sich die Vorzeichen schon wieder verändert haben können - politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich. Außerdem darf keine Region in Deutschland erwarten, übermäßig mit neuer Infrastruktur bedacht zu werden. Zwar sollen, so will es die Bundesregierung, überregional wichtige Projekte und Engpässe im Verkehrssystem vordringlich behandelt werden - aber Bayern allein wird nicht mehr Projekte bekommen als etwa ganz Ostdeutschland. Und auch innerhalb Bayerns selbst werden die Projekte einigermaßen gerecht verteilt werden.

Und da gibt es noch ein Problem: Der Bundesverkehrswegeplan wird zwar am Ende von der Bundesregierung beschlossen, aber mehr als eine Absichtserklärung ist es nicht - schon gar keine Finanzierung. Zwar gibt es einen Finanzrahmen, beim letzten Bundesverkehrswegeplan lag der bei 150 Milliarden Euro. Genug Geld für alle? Eher nicht. Der Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer (SPD) hat kürzlich vorgerechnet, dass im Landkreis bis 2030 höchstens eine Ortsumgehung gebaut werden kann - weil schlicht nicht mehr Geld da sei.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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