Erding:Arbeitsgericht setzt neuen Termin an

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Bei der Fortsetzung des Prozesses um die fristlose Kündigung des Chefarztes der Erdinger Gynäkologie wird es um die schwerwiegenden Vorwürfe gehen, die Klinikchef Mohácsi nachgeschoben hat

Von Florian Tempel, Erding

Der Arbeitsgerichtsprozess des Ende November 2014 fristlos gekündigten Chefarztes der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Klinikum Erding, Michael Krauth, geht weiter. Statt ein Urteil zu verkünden, hat die 7. Kammer des Arbeitsgerichts München einen weiteren Verhandlungstermin im November angesetzt. Bei der Fortsetzung des Prozesses wird es um die schweren Vorwürfe gehen, die Klinikchef Sándor Mohácsi zuletzt überraschend als weitere, zuvor noch nicht genannte Kündigungsgründe vorgebracht hat: Chefarzt Krauth habe sich gegenüber Mitarbeiterinnen, Patientinnen oder deren Angehörigen so untragbar und beleidigend benommen, dass er unmöglich weiter am Klinikum Erding arbeiten könne.

In der Verhandlung vor drei Wochen hatte die Vorsitzende Richterin sehr deutlich gemacht, dass das Gericht den offiziellen Grund für die fristlose Kündigung nicht akzeptieren werde. Krauth war am 25. November 2014 von Klinikchef Mohácsi gefeuert worden. Mit der Begründung, dass er drei Wochen zuvor eine Studentin nach einer Operation eine Wunde zunähen ließ, während er den OP-Saal verließ. Das sei zwar "ein schwerer Arbeitsvertragsverstoß", befand die Vorsitzende Richterin. Doch reiche er für eine fristlose Kündigung nicht aus. Auch deshalb nicht, weil sich Krauth in seinen acht Jahren als Chefarzt in Erding der Aktenlage nach nichts zu Schulden kommen ließ. Es gibt keine Abmahnungen oder sonst etwas, "was in irgendeiner Form einschlägig gewesen wäre", stellte die Vorsitzende Richterin fest.

Krauth hatte in der Verhandlung vor drei Wochen einen interessanten Gedanken selbst formuliert. Das Schlimme an seinem Rausschmiss sei, dass niemand, der sich mit dem medizinischen Klinikalltag auskenne, den Kündigungsgrund ernst nehme. Dass eine Studentin am Ende einer Operation selbständig eine Wunde versorge, sei nicht unüblich. Sein Ruf als Mediziner und Mensch sei aber dadurch massiv beschädigt, dass sich potenzielle andere Arbeitgeber, bei denen er sich um einen Chefarztposten bewerben könnte, nun fragen müssten, was wirklich hinter der Kündigung in Erding stecke: "Die müssen sich denken, ich habe sonst was gemacht." Für Krauth ist seine Kündigung schlicht konstruiert, weil er Klinikchef Mohácsi mehrmals kritisiert habe.

Der Klinikchef berichtete hingegen von vier protokollierten Gesprächen mit Mitarbeiterinnen, in denen ihm von untragbarem Verhalten und beleidigenden Äußerungen Krauths berichtet worden sei. Diese Vorwürfe habe er "auch zum Schutz von Herrn Krauth" zunächst zurückgehalten, sagte Mohácsi. Damit machte er indirekt klar, dass diese Vorwürfe die eigentlichen Kündigungsgründe seien.

Krauth erwiderte empört, die neu vorgebrachten Vorwürfe seien eine "bodenlose" Frechheit. Sein Anwalt Stefan Baumann sagte nun: "Wir weisen die Vorwürfe aufs Schärfste zurück. An diesen ist genau so wenig dran, wie an dem bisherigen Kündigungsgrund".

Formal sind die von Mohácsi ins Spiel gebrachten Vorwürfe die Basis für einen sogenannten Auflösungsantrag. Dieses Mittel ist gewissermaßen ein zweiter Anlauf, die Kündigung gegen Krauth doch noch durch zu bekommen. Dass das Gericht die fristlose Kündigung - wegen der im OP von Krauth allein gelassenen Studentin - als unwirksam erklären wird, ist längst klar. Das Gericht könnte aber die fristlose Kündigung aufheben und das Arbeitsverhältnis aufgrund der neu vorgebrachten Vorwürfe dennoch auflösen. Eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses entspräche einer ordentlichen Kündigung, mit Zahlung einer Abfindung in Höhe von maximal zwölf Monatsgehältern.

Allerdings ist ein Auflösungsantrag rechtlich eine komplizierte Angelegenheit. Es fragt sich, warum Klinikchef Mohácsi die angeblich wahren Gründe für Krauths Kündigung erst im Nachgang offen gelegt hat. Wenn sie wirklich gravierend waren, hätte man mit ihnen doch gleich die Kündigung begründen können. Dann hätte aber Mohácsi Krauth mit den Vorwürfen vor der Kündigung konfrontieren und ihm Gelegenheit zu einer Stellungnahme geben müssen. Der gefeuerte Chefarzt versicherte vor Gericht, dass das nicht passiert sei. Zudem ist unklar, ob das Klinikum überhaupt einen Auflösungsantrag stellen kann, da dies bei fristlosen Kündigungen eigentlich nicht zulässig ist.

Inwieweit der von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) geführte Verwaltungsrat des Klinikums Erding über die angeblich wahren Kündigungsgründe Bescheid wusste, bleibt offen. Bayerstorfer gab zu entsprechenden Anfragen der SZ mit Verweis auf das "laufende Gerichtsverfahren" keine Stellungnahme ab.

© SZ vom 13.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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