Ebersberg:Zu Unrecht vor Gericht

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Polizei verwechselt Tatverdächtigen bei ihren Ermittlungen

Von Jessica Morof, Ebersberg

Die ungenaue Arbeitsweise der Polizei in Poing hat jüngst einen unschuldigen Mann vor das Amtsgericht Ebersberg gebracht. Hintergrund der Verhandlung war ein Einbruch bei einer jungen Frau aus Markt Schwaben im November 2014, wobei einige Kleidungsstücke sowie zwei Schreckschusspistolen gestohlen wurden. Zur Tatzeit war die Geschädigte nicht in der Wohnung, sie war sich aber sicher, den Täter zu kennen: Es soll sich um einen Mann handeln, der einige Zeit zuvor bei ihr gewohnt hat und dann seine persönlichen Gegenstände holen wollte, sagte sie bei der Polizei aus. Dort gab sie auch den Vornamen des Verdächtigen, seine Handynummer, den damaligen Meldesitz in einer Notunterkunft für Drogenabhängige in München sowie eine Personenbeschreibung ab: russische Herkunft, kurz geschorenes helles Haar, 1,65 Meter groß.

Vor Gericht erschien dann ein 33-jähriger, lediger Deutscher, der in München lebt. "Ich bin unschuldig", sagte der Angeklagte, der kurze blonde Haare sowie einen russisch klingenden Akzent und den passenden Vornamen hat, jedoch etwa 1,80 groß ist. In besagter Notunterkunft lebe er schon seit 2011 nicht mehr; nur seine Post - darunter die Vorladung zum Gericht - erreiche ihn dort. "Ich kenne die Geschädigte gar nicht", beteuerte er. Angeklagter und Zeugin machten unabhängig voneinander die gleichen Aussagen. Allerdings sagte der Mann auch aus, dass er den Freund der Geschädigten kenne, dieser sei als Zeuge zum ersten Verhandlungstag geladen gewesen. Zufällig habe der Angeklagte diesen Freund gemeinsam mit der Geschädigten vor kurzem in München getroffen. Beide hätten beteuert, dass sie nicht ihn als Täter bei der Polizei angegeben hätten. Bestätigen konnten die zwei das nicht, da sie ihrer Vorladung nicht gefolgt und der Verhandlung ferngeblieben waren. Außerdem sagte der Angeklagte aus, dass die Telefonnummer des mutmaßlichen Täters nicht seine sei. Als Beweis führte er einen Kurznachrichtendienst an, wo zwar sein Vorname angezeigt werde, aber ein anderes Bild. "Das ist ein bekannter Drogendealer in München", behauptete der Angeklagte.

Dennoch konnte auch die Polizei kein Licht in die Verwechslung bringen. Der Beamte aus Poing habe als Sachbearbeiter des Falles die Anzeige geschrieben. Weder habe er mit der Geschädigten gesprochen, noch war er an der Untersuchung der Unterkunft beteiligt. Die Informationen habe er von Kollegen vorgelegt bekommen. Sein Kollege, der in dem Fall ermittelte, hatte die Personalien des Angeklagten mithilfe des Einwohnermeldeamts erfasst. Die Telefonnummer sei nicht überprüft worden. Schließlich war es die Geschädigte, die den Angeklagten entlastete. "Diesen Herrn kenne ich gar nicht", sagte sie. Den Rüffel bekamen die Polizisten, sie wurden von der Richterin wegen der "schlechte Ermittlungsarbeit" ermahnt.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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