Dorfen:Geburtshelfer für die Bachforelle

Lesezeit: 2 min

Landshuter Fliegenfischer setzen in der Isen 10 000 Fischeier in Brutkästen aus. Heimische Arten sind vom Aussterben bedroht.

Thomas Daller

Das Isental gilt als eines der letzten Gebiete im Landkreis, wo die Natur noch einigermaßen intakt scheint. Doch Klimawandel, Landwirtschaft und Neophyten bringen auch hier heimische Arten an den Rand des Aussterbens. Die Bachforellen bringen kaum noch Nachwuchs durch, weil der Laich im Kiesbett unter Sedimentablagerungen erstickt. Fischer sind um diese Jahreszeit an der Isen mit Brutkästen unterwegs, um das Überleben dieser Spezies zu sichern. Normalerweise müsste im Januar das Wasser der Isen schnapsklar sein. Für Grünalgen ist es noch zu kalt, und Niederschläge sollten in Form von Schnee auf der Erde liegen bleiben. Doch es ist der wärmste Winter seit 1979, und der Regen schwemmt immer wieder Sedimente von den Äckern in den Fluss. Auch das Erdreich am Ufer hat keinen festen Halt mehr, weil heimische Pflanzen mit festigenden Wurzelballen vom Indischen Springkraut verdrängt wurden, das keinen Schutz mehr gegen Erosion bietet. Das Sediment legt sich auf die Kiesbänke, wo die Bachforellen mit lockeren Steinen ihre Eier zugedeckt haben. Die Gelege in Form von jeweils mehreren hundert Eiern sind dann tot. Klaus Langer, Gewässerwart der Landshuter Fliegenfischer, die die Isen bei Oberdorfen gepachtet haben, hat den ganzen Kofferraum seines Wagens voll, wenn er als Geburtshelfer für die rotgetupfte Forellenart an die Isen kommt: Drahtkörbe, eimerweise Steine, Holzrahmen mit Lochblechen und eine Kühlbox mit 10 000 Fischeiern. Die Konstruktion, die er zusammenbaut, ist eine Art von Eierkäfig, den er auf den Steinkorb montiert. Sedimente können sich in dem aufgeständerten Korb im Mittelwasser kaum ablagern. Die Schlitze in den Lochblechen haben eine Breite, die bis auf den Zehntelmillimeter genau stimmen muss: zu schmal für die darin enthaltenen Eier und für die winzige Forelle, wenn sie mit ihrem dicken Dottersack schlüpft. Erst wenn der Sack aufgezehrt ist, der ihr anfangs Nahrung gibt, kann sie den Käfig verlassen und sich ein Versteck unter Wurzeln oder Steinen im Fluss suchen. Man könnte auch frisch geschlüpfte Forellen einsetzen, doch die Fischer haben die Erfahrung gemacht, dass dabei die Sterblichkeitsrate mit 98 Prozent gewaltig ist. Fischeier sind bei der Umstellung auf ein fremdes Gewässer robuster. Und kleine Fische aus einer Zuchtanstalt sind Licht und offene Becken gewohnt. Ihr Impuls, sich ein Versteck vor Fressfeinden zu suchen, ist schwächer ausgeprägt als der von Forellen, die in der abgedunkelten Eierbox geschlüpft sind. Langer stapft mit seinen Watstiefeln aus dem Bach und zieht die wasserdichten Handschuhe aus, die bei der Arbeit etwas vor der Kälte schützen. In den nächsten Tagen wird er immer wieder an die Isen kommen, um die Eier auf Pilzbefall zu kontrollieren oder verhaktes Treibholz von den Körben zu entfernen. Nächsten Winter, so hofft er, kann er vielleicht auch Eier von Äschen bei einem Züchter bekommen und sie in der Isen wieder ansiedeln. Denn auch diese Fischart ist ein Kieslaicher und war in der Isen bei Oberdorfen heimisch. Doch ohne Hilfe des Menschen sind sie verschwunden.

© SZ vom 30.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: