Die Schere klafft im Landkreis Erding immer weiter auf:Die schwierige Suche nach Auszubildenden

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Seit einigen Jahren übertrifft das Angebot an Lehrstellen die Zahl der Bewerber. Berufe mit "Handicaps" wie Arbeitszeiten außerhalb der Bürozeiten oder körperlich höheren Anforderungen sind bei Jugendlichen weniger beliebt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Für Jugendliche, die in diesem Jahr eine Ausbildungsstelle suchen, ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt - statistisch gesehen - rosig. Den noch 178 Lehrstellenlosen stehen nach Auskunft der Agentur für Arbeit aktuell noch 341 Ausbildungsangebote offen. Aber oft nicht in ihrem Wunschberuf. Während so beliebte Jobs wie Mechatroniker bei den Jungs und Kauffrau im Bereich Büromanagement bei den Mädchen stets schnell weg sind, haben vor allem Branchen mit Arbeitszeiten außerhalb der normalen Bürozeit wie Bäcker oder Gastronomie oder mit größeren körperlichen Anforderungen wie zum Beispiel Maurer Probleme ihre Lehrstellen zu besetzen. "Es zeichnet sich für das neue Ausbildungsjahr wieder quer durch alle Branchen eine große Bewerberlücke ab. Licht am Ende des Tunnels scheint nicht in Sicht", sagt Otto Heinz, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Erding-Freising.

Seit Beginn des aktuellen Berufsberatungsjahres am 1. Oktober 2016 haben sich 739 Bewerber für Berufsausbildungsstellen aus dem Landkreis Erding bei der Agentur für Arbeit gemeldet. 561 Jugendliche haben inzwischen eine berufliche oder schulische Perspektive für September. Im gleichen Zeitraum haben Unternehmen bei der Agentur 692 offene Ausbildungsstellen gemeldet, die im Landkreis Erding zu besetzen sind. Davon sind aktuell noch rund 340 Stellen unbesetzt. Im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr (Oktober 2015 bis Juni 2016) ist damit sowohl die Zahl der Jugendlichen, die sich für eine Ausbildungsstelle interessieren (minus sieben), als auch die Zahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen (plus 13) ziemlich gleich geblieben.

Die Schere klafft aber immer weiter auf. "Die Gründe für den Rückgang bei den Azubizahlen sind vielfältig. Zum einen kommt der demografische Wandel zum Tragen. Immer weniger Schüler verlassen unsere Schulen. Zum anderen sehen wir uns mit einem Bild konfrontiert, das auch die Politik über Jahre hinweg vermittelt hat. Viele Eltern und Jugendliche sehen heute das Abitur als schulischen ,Mindestabschluss' an und gehen davon aus, dass Akademiker generell besser verdienen und die zukunftssichereren Jobs haben", sagt Heinz. Dabei sei es ein Fakt, dass eine erfolgreich abgeschlossene Lehre mehr Karrierepotenzial biete als ein abgebrochenes Studium.

Für den Regionalvorsitzenden ist deshalb wichtig, am Image der Ausbildung zu arbeiten, denn auch in den klassischen Ausbildungsbereichen gibt es eindeutige Favoriten für die Jugendlichen. So wollen Jungs im Landkreis Erding vor allem Kfz-Mechatroniker werden. Oder Kaufmann im Einzelhandel und Büromanagement. Bei den Mädchen ist die Kauffrau im Büromanagement, gefolgt von der Industriekauffrau und der Medizinischen Fachangestellten beliebt. Gesucht werden indes noch Elektroniker/innen, Fleischerei-Fachverkäufer/innen, Maurer/innen.

"Für die Unternehmer gestaltet sich die Suche nach Azubis immer schwieriger", sagt Heinz. Viele Betriebe müssten inzwischen das ganze Jahr über suchen. Das heiße, das klassische Zeitfenster für Bewerbungen und Auswahlgespräche von Spätherbst bis Frühjahr existiere in dieser Form schon länger nicht mehr. Wie einfach oder leicht sich die Suche gestaltet, hänge natürlich auch von Größe, Bekanntheit oder Branche des Unternehmens ab. Kleinere Betriebe hätten es hier sicher schwerer, sagt der IHK-Regionalvorsitzende. Ausbildungsmarketing spiele aber über alle Unternehmensgrößen hinweg eine zunehmend bedeutendere Rolle. Einen wichtigen Baustein könnten hier sogenannte Bildungspartnerschaften bilden, die ein Ausbildungsunternehmen mit einer Schule eingeht. Bei diesen Kooperationen stellen sich die Unternehmen regelmäßig in den Schulen vor Ort vor und sie werben gezielt für Praktika oder Schnuppertage.

© SZ vom 24.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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