Der Druck wächst von Jahr zu Jahr:"Eine Steigerung wie noch nie"

Lesezeit: 2 min

Barbara Gaab, die Geschäftsführerin der Caritas Erding. (Foto: Renate Schmidt)

Wohnungsnot, prekäre Arbeitsverhältnisse, Scheidung, Sucht und Krisendienst Psychiatrie: Das Caritas-Zentrum Erding ist mit einer gewaltigen Nachfrage nach Hilfe konfrontiert

Von Philipp Schmitt, Erding

Das Caritas-Zentrum Erding ist gefragt, die Nachfrage nach Hilfsangeboten wächst: "Wir steigern uns von Jahr zu Jahr", zog Kreisgeschäftsführerin Barbara Gaab in der Mitgliederversammlung Bilanz. Neben dem Haushaltsplan für 2018 hat die Versammlung den sogenannten Verwendungsnachweis für 2016 einstimmig beschlossen. 2016 haben die acht Fachbereiche 6150 hilfesuchenden Menschen aus dem Landkreis Angebote gemacht. Die Zahl der Nutzer ist im Vergleich zu 2015 um fünf Prozent gestiegen. Die Zahl der Mitarbeiter ist um 30 Prozent nach oben geschnellt, sagte Gaab.

Hinter der Fassade des finanzstarken Landkreises mit Vollbeschäftigung wächst Gaab zufolge der Druck auf die Menschen durch teure Mieten, Wohnungsnot, prekäre Arbeitsverhältnisse und steigende Job-Anforderungen. Hinzu kämen nicht selten familiäre und finanzielle Probleme etwa nach Trennungen und Scheidungen oder durch Sucht und die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aus all diesen Gründen würde die unterstützenden Angebote des Caritas-Zentrums zwar gut nachgefragt. Aber: "Die Finanzierung ist die Krux", sagte Gaab. "Wir würden wegen der wachsenden Nachfrage in vielen Bereichen noch mehr Hilfe für die Betroffenen anbieten, aber die Gelder aus Zuschüssen und Spenden reichen dafür nicht aus und wir wissen nicht, wer das bezahlen soll." Die Zahl der Mitarbeiter im Caritas-Zentrum schnellte 2016 vor allem wegen des neuen, für den Bezirk Oberbayern übernommenen Krisendienst Psychiatrie auf 256 hauptamtliche Mitarbeiter nach oben: "So eine Steigerung wie 2016 hatten wir noch nie", sagte Gaab.

Trotz des aufgestockten Personals sei die Arbeit ohne den Einsatz der 283 ehrenamtlichen Helfer nicht zu bewältigen: "Ohne die Helfer würde vieles gar nicht mehr gehen", sagte Gaab und dankte den engagierten Ehrenamtlichen, die zum Beispiel als Ämterlotsen beim Umgang mit Behörden und beim Ausfüllen von Formularen Menschen in Notlagen helfen. Beim Ehrenamtsempfang am 25. Februar in der Erdinger Pfarrei Sankt Johann werden die ehrenamtlichen Helfer im würdigen Rahmen für ihre Arbeit besonders geehrt, kündigte Gaab an. Die Veranstaltung ist zugleich der Auftakt für die Caritas-Spendensammlung in der Diözese.

In der Flughafenregion werde Gaab zufolge auch wegen vieler schlecht bezahlter Jobs, unter anderem am Flughafen, die Wohnungsnot, Verschuldung und Armut vieler Menschen die Berater der Caritas in den kommenden Jahren verstärkt beschäftigen. Bei der Podiumsdiskussion zu diesem Thema berichteten der Diplom-Pädagoge und Familientherapeut Ralf Lohrberg von der Caritas-Schuldnerberatung, die Sozialpädagogin Brigitte Fischer von der sozialen Beratung, Insolvenzberaterin und Bankkauffrau Jessica Sossau-Thiede sowie der Suchtberater und stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums, Pfarrer Martin Garmeier, von ihrer Arbeit. Die Berater sagten einhellig, sie würden sich noch mehr Mitarbeiter wünschen, denn der "reiche Landkreis" sei in diesem Bereich nicht besonders gut aufgestellt, obwohl Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) den Kuratoriumsvertretern in mehreren Gesprächen Unterstützung zugesagt habe. Dennoch könne die Caritas bei der Beratung aus Personalmangel und Kostengründen derzeit Betroffene oft nicht so rasch und intensiv betreuen, wie sich das die Berater wünschen würden. Gaab fügte an, dass sich die Caritas in den kommenden Jahren zudem besonders für Familien und eine bessere Teilhabe von Bürgern mit Handicap einsetzen möchte. Eine Grundproblematik liege jedoch in der Finanzierung der oft wünschenswerten Angebote, weil Zuschüsse und Pflegesätze für ein kostendeckendes Arbeiten nicht reichen und es schwer sei, Spenden zu erhalten.

Der Vorsitzende des Caritas-Kuratoriums, Josef Erhard, teilte mit, dass das Defizit des Caritas-Zentrums 2016 bei Einnahmen von 5,4 Millionen Euro und Ausgaben von 5,9 Millionen Euro bei fast einer halben Million Euro liegt. Bei der Caritas-Sammlung wurden 100 798 Euro und aus den Mitgliedsbeiträgen der Pfarreien 35 636 Euro eingenommen. Als Eigenmittelanteil muss die Caritas somit ein Defizit von 328 813 Euro ausgleichen. Für dieses Jahr werde laut dem Wirtschaftsplan mit einem ähnlich hohen Eigenmittelanteil von 337 198 Euro gerechnet. Die Mitgliedsbeiträge der Pfarreien werden nicht erhöht und bleiben bei 70 Cent je Mitglied, habe das Kuratorium entscheiden.

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: