Bund Naturschutz wartet auf Antworten:Einschneidende Aktion

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Für einen noch gar nicht beschlossenen Jugendzeltplatz sind mehrere große Bäume gefällt worden. Offensichtlich hat man im Landratsamt übersehen, dass das Gebiet am Notzinger Weiher unter Schutz steht

Von Florian Tempel, Erding

Manfred Drobny, der Geschäftsführer der Kreisgruppe des Bund Naturschutz, will nichts voreilig skandalisieren: "Wir stellen dem Landratsamt deshalb nur Fragen und warten auf Antworten." Aus denen sich aber womöglich doch sehr ernsthafte Vorwürfe ergeben könnten. Auf einem Gelände am Notzinger Weiher, wo seit Kurzem ein Jugendzeltplatz geplant ist, haben Holzfäller mehrere große Bäume - Silberweiden und Ulmen - gefällt und Gehölz auf breiter Front ausgelichtet. Dabei liegt das Gebiet in einem Landschaftsschutzgebiet. Eine Fällung von Bäumen ist dort zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, muss aber vorher naturschutzfachlich geprüft und genehmigt werden. Das ist offenbar nicht passiert.

Plötzlich ging alles ganz schnell

Jahrelang dümpelte die Idee eines Jugendzeltplatzes am Kronthaler Weiher vor sich hin. Als dann festgestellt wurde, dass da gar nichts geht, weil die dortigen privaten Besitzer gar keinen Zeltplatz wollen, ging plötzlich alles rasant schnell. Das Projekt Jugendzeltplatz wurde flugs an den Notzinger Weiher verlegt, wo der Landkreis ein eigenes Grundstück besitzt. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) erklärte, man plane überdachte Plätze für den Aufenthalt bei Schlechtwetter, Koch- und Grillplätze, Wasserversorgung und sanitäre Anlagen sowie Einrichtungen zur geordneten Abwasser- und Abfallbeseitigung. Der Strukturausschuss des Kreistags beschließt, die Verwaltung soll "die erforderlichen Schritte zur Umsetzung einleiten".

Nun wäre zu erwarten gewesen, dass die Fachabteilungen des Landratsamts Pläne ausarbeiten, das Projekt prüfen und das alles dann vorlegen. Denn vor 22 Jahren sind 119 Hektar rund um die Notzinger Weiher zum Landschaftsschutzgebiet erklärt worden. Die entsprechende Verordnung hat der Landkreis selbst erlassen. Im Landschaftsschutzgebiet ist durchaus vieles möglich. Doch sind zum Beispiel vor Baumfällungen artenschutzrechtliche Prüfungen zwingend erforderlich.

Eine Prüfung dauert normalerweise Wochenoder sogar Monate

"Nach gesunden Menschenverstand kann man nicht in drei Tagen ein artenschutzrechtliches Gutachten machen", sagt Wolfgang Fritz, Vorsitzender der Bund Naturschutzgruppe Oberding. So etwas dauert immer Wochen und Monate. Einfach nur gucken, ob ein Baum eventuell eine Höhle hat oder nicht, die Vögel wie der Pirol oder Fledermäuse als Unterschlupf nutzen könnten, reiche sicher nicht aus. Als wenige Tage nach den so schnell vorgenommenen Abholzungen im Kreisausschuss Nachfragen kamen, wiegelte Bayerstorfer ab. Er sagte, seines Wissens gebe es gar kein Landschaftsschutzgebiet am Notzinger Weiher. Bayerstorfer war in diesem Punkt nicht richtig informiert. Was eventuell auch erklären würde, dass die Untere Naturschutzbehörde offenbar in das Projekt Jugendzeltplatz nicht eingebunden war, weil die Landschaftsschutzverordnung schlicht übersehen wurde. Die Antworten dazu stehen noch aus.

Ein Irrtum?

Die Erdinger Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz, Gabriele Betzmeir, fordert aber in einer Pressemitteilung Bayerstorfer schon einmal auf, "einen solchen Irrtum sollte man richtig stellen und sich entschuldigen". Der Bund Naturschutz sei "nicht grundsätzlich gegen einen Jugendzeltplatz, wir nutzen solche Einrichtungen gerne für die Jugendarbeit." Aber man habe erwartet, "dass eine Diskussion möglich sein muss, ob das Landschaftsschutzgebiet Notzinger Weiher der richtige Standort dafür ist." Und ob er geeignet sei, müsse eben zuvor erst geprüft werden. Wenn eine Behörde den Schutzstatus eines Gebiets so fahrlässig übersehe, könnte "jeder private Grundstücksbesitzer mit seinem Biotop ebenso verfahren, ohne ernsthafte Konsequenzen befürchten zu müssen".

© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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