Bürger sagen ihre Meinung:Ja zum Ringschluss, nein zur Schranke

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Interessant: Die Lärmkarte für den Abschnitt rund um den Bahnübergang Haager Straße - vorher und nachher. (Foto: Renate Schmidt)

Bei der Info-Veranstaltung des Ministeriums wird deutlich: Erding akzeptiert keinen Bahnübergang an der Haager Straße. Das Ministerium beharrt aber auf seiner Position

Von Antonia Steiger, Erding

Der größte Konfliktpunkt bei der Planung des Abschnittes des Erdinger S-Bahn-Ringschlusses, der auf dem Erdinger Stadtgebiet liegt, ist am Donnerstag bei einer Informationsveranstaltung für die Bürger in der Stadthalle nochmals in aller Deutlichkeit zutage getreten: Erding wird eine Planung nicht akzeptieren, bei der der Bahnübergang an der Haager Straße nicht tiefer gelegt wird. "Wir müssen den Bahnübergang wegbekommen", sagte OB Max Gotz (CSU). Die Bürger stärkten ihm mit zahlreichen Wortmeldungen zu diesem Teilaspekt den Rücken. Was die Vertreter der Obersten Baubehörde als Abgesandte des Innenministeriums präsentierten, ließ allerdings keinen Zweifel: Das Ministerium rückt vorerst nicht ab von einer Planung ohne tiefer gelegten Bahnübergang.

Die Argumente sind eindrucksvoll, die aus Sicht der Erdinger für eine Tieferlegung sprechen. Vor allem fürchtet man, dass die Autos sich vor ständig geschlossenen Schranken so stauen, dass Erding faktisch zu einer getrennten Stadt wird: Wer auf der einen Seite der Gleise wohnt, arbeitet oder sich anderweitig beschäftigt, wird es sich zweimal überlegen, ob er den beschwerlichen Weg über die Gleise auf die andere Seite nimmt - wenn er nicht unbedingt muss. Argumente gegen eine Tieferlegung gibt es jedoch auch. So hörten die Stadträte nicht zum ersten Mal, dass sich die Schließzeiten an dem Bahnübergang Haager Straße deutlich verringern werden, "auch wenn sich das unlogisch anhört", wie Markus Unterreiter vom Planungsbüro Obermeyer sagte. Denn Züge werden dann mehr verkehren als heute. Dass die Schließzeiten kürzer werden, liegt vor allem an einer verbesserten Technik, die zum Einsatz kommen wird, wenn eines Tages die S-Bahnen im Ringschluss von Erding über den Flughafen nach Freising fahren. Diese Technik macht es möglich, dass die Züge so gesteuert werden, dass sie sich am Bahnübergang begegnen. Und das wiederum funktioniert nur, weil der Erdinger Bahnhof kein Haltepunkt mehr ist. Die Züge halten in Altenerding und am neuen Bahnhof auf dem Fliegerhorstgelände. Auf den Gleisabschnitten zwischen den Haltepunkten und dem Bahnübergang werden sie beschleunigt oder verlangsamt, dass sie am Übergang gleichzeitig ankommen.

Auch die Lärmbelastung in der Umgebung spricht nicht für eine Tieferlegung, das machte der Lärmfachmann Wolfgang Herrmann vom Planungsbüro Obermeyer klar. Die Strecke gehöre zu den leiseren Bahnstrecken, "das müssen wir uns klar machen". Das liegt auch daran, dass dort keine Güterzüge verkehren werden - eine weitere Sorge der Erdinger, die die Fachleute auf dem Podium mit dem Hinweis darauf zu zerstreuen versuchten, dass der Bahnhof am Flughafen München nicht tauglich dafür ist, dass Güterzüge dort durchfahren. Der Güterverkehr auch aus Salzburger Richtung, von wo eines Tages der Regionalverkehr bis nach Erding fahren soll, werde weiter über den Ostbahnhof Richtung Hauptbahnhof München geleitet. Der Lärmingenieur informierte seine Zuhörer noch über ein paar neue Tricks, mit denen Züge leiser werden und die auch in Erding zum Einsatz kommen. So gibt es eine optimierte Schienenbehandlung, bei der die Gleise so lange geschliffen werden, dass der Zug nicht mehr rattert. Außerdem werden die Gleise elastisch gelagert, das verringert auch die Erschütterungsgefahr in der Umgebung. Erschreckend wirkt jedoch stets der bauliche Lärmschutz an dem Übergang: An dieser Stelle sind bis zu drei Meter hohe Wände geplant, gegen die sich bereits jetzt heftiger Widerstand regt.

Während der viereinhalbstündigen Veranstaltung, in deren Verlauf die Bürger mit ihren Wortmeldungen laut Gotz für einen hochwertigen Diskussionsverlauf gesorgt hatten, präzisierten die Planer auch die Entwürfe für den neuen Bahnhof. Es wird zwei Bahnsteige geben, die jeweils außen an den Gleisen in Richtung Flughafen und in Richtung Altenerding verlaufen. Dazu wird bereits der Tunnel für die Regionalbahn errichtet - auch wenn keiner weiß, wann die Walpertskirchner Spange gebaut wird und die Regionalbahn kommt. Das hängt auch davon ab, wann die Strecke nach Freilassing elektrifiziert wird. Zum großen Kummer vieler Erdinger bekommt jede Gleis nur einen Aufzug, aber das sei Standard, sagte Thomas Graf von der Autobahndirektion Südbayern. Ein Vertreter der DB Service GmbH stellte in Aussicht, dass die Bahn eine Toilette bauen wird, machte dann aber doch wieder eine Rückzieher: "Das ist noch keine feste Zusage", entgegnete er auf einen Einwurf von Gotz. Der hatte daran erinnert, dass die Bahn ihre Verpflichtung, für ihre Gäste Toiletten zu bauen, zum Beispiel in Altenerding nicht nachkomme. "Das muss die Stadt nun selber machen."

Deutlich vor Augen haben die Erdinger nun auch, dass die S-Bahn-Gleise nach der Übergang Haager Straße langsam in den Untergrund abtauchen. Das Gelände des jetzigen Bahnhofs kann daher anderweitig genutzt werden. Dass die Erlöse aus dieser Nutzung in die Finanzierung der Tieferlegung des Übergangs an der Haager Straße einfließen soll, wie sich Gotz das vorstellt, haben die Vertreter des Ministeriums an diesem Abend sicher auch nicht zum ersten Mal gehört. Die Dorfener Straße wird bereits unterirdisch gequert, ebenso die Anton-Bruckner-Straße.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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