Beizjagd im Landkreis:Faszination aus Tradition

Lesezeit: 2 min

Seit der Antike jagen Menschen mit Hilfe von Greifvögeln. Kürzlich waren 30 Falknerim Landkreis unterwegs. Doch die Methode ist nicht unumstritten

Von Max Ferstl, Erding

Der Hase hat ungefähr 80 Meter Vorsprung. Doch eine Chance hat er nicht, der Steinadler "Leif" hat ihn längst erspäht. Er verlässt die Faust seines Falkners, fliegt über das Senffeld in der Nähe des Thenner Weihers, drei kräftige Flügelschläge, dann hat er die flüchtende Beute im tödlichen Griff.

Wenn Thomas Schreder vom Kreisjagdverband Erding an den vergangenen Samstag zurückdenkt, gerät er ins Schwärmen: "die Eleganz des Vogels", "die Präzision", "das natürliche Zusammenspiel von Mensch und Tier". Die Beizjagd - so heißt die Jagdvariante mit Greifvögeln - ist für Schreder mehr als das Erlegen von Tieren: "Sie ist ein Kulturgut, das man pflegen muss." Das ist die Aufgabe des Deutschen Falkenordens. Am vergangenen Wochenende organisierte er im Landkreis Erding eine solche Beizjagd. Etwa 30 Falkner kamen mit Steinadlern, Habichten, Wüstenbussarden. Sie streiften in kleinen Gruppen über die Felder des nördlichen Landkreises. Der Kreisjagdverband Erding als Gastgeber hatte zuvor die Pächter gebeten, die Falkner auf ihrem Gebiet jagen zu lassen - "keine Selbstverständlichkeit", betont Schreder.

Er führte eine der Gruppen über Felder nahe dem Thenner Weiher. Weite Flächen, kaum Hindernisse - ideal für die Greifvögel, die ihre Geschwindigkeit und scharfen Augen vor allem im freien Gelände nutzen können. Etwa zweieinhalb Stunden waren sie unterwegs, durchquerten überwucherte Felder mit 20 Zentimeter hohem Senf, in dem sich gerne Hasen oder Fasane verstecken. Doch bis auf Leif, dem Steinadler, gelang es keinem der Vögel, die Beute zu erwischen. Das sei bei einer Beizjagd nicht ungewöhnlich, erklärt Schreder: "Manche glauben, dass es wie in einem Supermarkt zugeht. Man geht rein und nimmt einfach etwas mit. Aber so funktioniert das nicht."

Ob eine Jagd erfolgreich sei, hänge ohnehin viel mehr vom Erlebnis ab als vom reinen Ergebnis. "Man bewegt sich in der freien Natur und kehrt mit einem gesunden Vogel zurück", sagt Schreder. So haben es die Menschen schon in der Antike praktiziert. Die Faszination hat die Jahrhunderte überdauert, die Falknerei gilt längst als Tradition. 2010 hat die UNESCO die Jagdart zum ersten Mal als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt. Aber es gibt auch kritische Stimmen.

Natur- und Tierschützer prangern unter anderem die Haltung der Greifvögel an. Die sogenannten Volieren, in denen die Tiere leben, würde das natürliches Flugverhalten einschränken, heißt es. Die Vögel würden dadurch aggressiv und oft mit Hauben ruhig gestellt, die ihre Augen bedecken und so Reize vermindern. Die Tierrechtsorganisation PETA spricht deshalb von "Folter" und fordert ein Verbot.

Schreder kann das nicht verstehen. "Aggressiv werden die Tiere, wenn man sie nicht rauslässt - wie im Zoo." Deshalb gehe man ja mit ihnen auf die Jagd. "Die Beziehung zwischen Falkner und Vogel beruht auf einem absoluten Vertrauensverhältnis. Ansonsten würden die Tiere nie so ruhig auf der Faust sitzen."

Dieses Vertrauen hat er am vergangenen Samstag beobachtet. Nachdem Steinadler Leif den Hasen erlegt hatte, durfte er die Beute verzehren. Schreder glaubt: "Vertrauen beruht auf Belohnung."

© SZ vom 04.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: