Ausgrabungen in Klettham:Brunnen, Scherben, Knochen

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Auf dem Baugrund östlich der Sigwolfstraße in Klettham sind Relikte aus der Römerzeit gefunden worden

Laura-Patricia Montorio

Auf dem Baugrund der Gemeinde Erding, östlich der Sigwolfstraße, auf dem gerade neue Wohnsiedlungen im Entstehen sind, wurden die Überreste eines römischen Brunnens gefunden. Günter Theil, dessen Ingenieurbüro mit den Neubaumaßnahmen beauftragt wurde, erklärt: "Wir sind nicht durch Zufall auf den Brunnen gestoßen, sondern im Zuge der Erschließungsmaßnahmen, die als Vorabuntersuchungen auf dem gesamten Baugrund durchgeführt werden." Bei diesem Verfahren wird die obere Humusschicht abgetragen. Fachkundige können dann einschätzen, ob archäologisch relevante Funde zu erwarten sind. Das war auf dem Baugrund an der Sigwolfstraße bereits zuvor der Fall. Im Rahmen der Baufeldfreimachung wurden im Sommer in zwei Grabungsphasen Relikte einer spätbronzezeitlichen Siedlung freigelegt, mit Grundrissen von Häusern, die um das Jahr 1200 vor Christus entstanden sind (die SZ berichtete). Stefan Biermeier, dessen Firma SingulArch die Ausgrabungen durchführt, schätzt den Fund folgendermaßen ein: "Die bronzezeitlichen Relikte sind deshalb von Bedeutung, weil durch ihr flächengreifendes Erscheinen eine ganze Siedlungsstruktur zu erkennen ist." Die aktuellen Funde aus der Römerzeit befinden sich im Bereich der Trasse in Richtung Dachauer Straße. Innerhalb des Brunnens, der ursprünglich als Trinkwasserquelle konzipiert, später dann als Abfalleimer zweckentfremdet wurde, fanden sich außerdem Scherben und Knochenreste von Tieren. Laut Biermeier ermöglichen die Scherben eine grobe Datierung der Funde auf das zweite oder dritte nachchristliche Jahrhundert. Die Knochenreste lassen dagegen Rückschlüsse auf die Wirtschaftsweise und den Wohlstand der römischen Siedlung der mittleren Kaiserzeit zu. "Die Knochen stammen von größeren Nutztieren wie etwa Rindern", erläutert der Chefarchäologe, "man kann von einer spezialisierten Tierzucht ausgehen. Die Menschen damals kannten sich mit Haltung und Auslese der Nutztiere offensichtlich gut aus." Der römische Brunnen ist aber auch in einem größeren Zusammenhang zu begreifen, da in der näheren Umgebung bereits weitere archäologische Funde gemacht wurden: Die spätbronzezeitlichen Relikte auf demselben Baugrund an der Sigwolfstraße, das ausgedehnte römische Siedlungsgebiet, das auf dem Gewerbegebiet entdeckt wurde, und das Kletthamer Gräberfeld, das aus der Merowingerzeit ab 450 nach Christus stammt. Damit bildet der römische Brunen einen Teil, oder wie Biermeier es ausdrückt, "ein weiteres Mosaiksteinchen" in der Siedlungsgeschichte Erdings. Die Ausgrabungen beim römischen Brunnen werden nächste Woche abgeschlossen und hätten damit rund zehn Tage gedauert. Sämtliche Funde, sowohl die römischen als auch die bronzezeitlichen, werden in Fundlagern zusammengetragen. Das Landesamt für Denkmalschutz entscheidet daraufhin über eine mögliche Restaurierung der Gegenstände, die dann dem Museum Erding zukommen könnten. Darüberhinaus werden alle Fundergebnisse datenbanktechnisch festgehalten.

© SZ vom 01.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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