Angebot:Beraterin bei Essstörungen

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Sozialpädagogin Julia Schmidt ist gebürtige Erdingerin und hat zuvor in einer Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet. (Foto: oh)

Die Sozialpädagogin Julia Schmidt übernimmt die Erdinger Außenstelle eines bayernweiten Therapienetzes. Sie hilft Menschen, die an Magersucht, Bulimie oder Esssucht leiden

Von Zoë Kögler, Erding

Für Menschen, die an einer Essstörung leiden, gibt es in Erding seit drei Jahren ein eigenes Hilfsangebot: Bis zu 30 Betroffene kommen im Monat zur Beratungsstelle des Therapienetzes Essstörung in der Spiegelgasse 2. In den vergangnen drei Jahre hat die Sozialpädagogin Sabine Ritter jeden Mittwoch Betroffene und deren Angehörige zu Magersucht, Bulimie und Esssucht beraten. Nun übernimmt die Sozialpädagogin Julia Schmidt die Beratungsstelle. Schmidt ist gebürtige Erdingerin und hat zuvor in einer Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Bereich Essstörungen gearbeitet. Schmidt sagt, sie sei sehr gespannt auf ihre neue Aufgabe, auf den Bedarf in Erding, und wie motiviert die Betroffenen seien.

Die Beratungsstelle bietet kostenfreie und, wenn gewünscht, auch anonyme Hilfe an. Beim ersten Besuch gehe es in der Regel erst einmal darum, einzuschätzen, ob die Klientin dort überhaupt richtig sei, und den weiteren Handlungsbedarf abzuklären, erklärt Sabine Ritter. Die Betroffenen werden danach zu ambulanten Gruppen oder zu einer stationären Behandlung weitervermittelt.

Manchmal sei es in Erding schwierig, auf die Schnelle einen guten Therapieplatz zu finden, sagt Carolin Martinovic vom Therapienetz Essstörungen. Die Krankenkassen würden zwar stets betonen, dass das Therapieangebot bei psychischen Problemen grundsätzlich gut ausgebaut sei. Allerdings gebe es einige Therapeuten, die nicht gerne Essstörungen behandeln. Das sei nicht wertend gemeint, sagt Martinovic. Es erschwere es aber die Suche nach Therapieplätzen.

Dabei ist schnelle Hilfe manchmal lebensnotwendig. Einige Betroffenen befänden sich bereits einem kritischen gesundheitlichen Zustand, wenn sie zur Erdinger Beratungsstelle kommen. Das Therapienetz hilft aber auch Patienten, die bereits in ambulanter Therapie sind, einen Klinikplatz zu finden. Die enge Zusammenarbeit mit mehreren auf Essstörungen spezialisierten Kliniken sei Teil der integrierten Versorgung, sagt Martinovic. Betroffene können von den Mitarbeiterinnen des Therapienetzes bis zu drei Jahre lang begleitet werden. So ließen sich Brüche verhindern, die zwischen zwei Therapien entstehen können.

Bei Essstörungen sei es besonders wichtig, sich frühzeitig Hilfe zu suchen, betont Martinovic: "Je länger es Teil des Lebens ist, desto schwerer ist es, damit aufzuhören." Häufig sei es für die Betroffenen auch einfacher, wenn es Unterstützung im Umfeld gebe. Einmal sei eine Frau mit einer ganzen Gruppe von Freundinnen gekommen, erzählt sie. Wenn hingegen Eltern mit einem erkrankten Kind kommen, stehe häufig die Frage nach der Schuld an der Essstörung im Raum. Doch um die Lösung einer Schuldfrage gehe es nicht. Das Therapienetz wolle vielmehr Betroffene unterstützen und eine Lösung mit ihnen gemeinsam finden. Zwischen 20 und 30 Personen kommen pro Monat, zum Großteil sind es Frauen, obwohl Männer genauso betroffen sein können. Im Bewusstsein der Gesellschaft sei das aber noch nicht angekommen, sagt Martinovic. Essstörungen seien bislang ein weiblich besetztes Thema.

Auf einen persönlichen Termin wartet man in Erding circa zwei Wochen. Telefonisch ist das Therapienetz allerdings jeden Tag zu erreichen. Bei Essstörungen könne es sich jeden Tag ändern, ob der Betroffene beraten werden möchte oder nicht, erklärt Martinovic. Je länger eine Klientin warten müssen, desto wahrscheinlicher sei es, dass sie nicht zum Beratungsgespräch erscheine. Das Angebot in Erding werde jedoch insgesamt gut angenommen, erzählt Sabine Ritter. Betroffene kämen nicht nur aus der Stadt selbst, sondern aus der ganzen Umgebung.

© SZ vom 04.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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