Alleinerziehende mehr betroffen:Immer mehr Bürger verschulden sich

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Die Caritas muss ihre Beratungen beschränken, weil sie personell nicht noch mehr Fälle stemmen kann

Von Thomas Daller, Landkreis

Die Schuldnerberatungen im Landkreis sind völlig überlastet. Obwohl die Beratungsstelle des Landratsamtes Erding mit mehr als 80 Fällen diejenige der Caritas entlastet, kommt dieser Effekt aufgrund der hohen Fallzahlen dort gar nicht an. Die Caritas-Schuldnerberatung hat die Zahl ihrer Beratungen pro Jahr mittlerweile auf rund 360 beschränkt, weil ihr aufgrund gleich bleibender personeller Ressourcen nichts anderes übrig bleibe. Die Folge ist eine zunehmende Wartezeit.

Die Caritas Schuldnerberatung hat für 2017 wieder einen Zuschussantrag an den Landkreis gestellt und skizziert in den dazu eingereichten Unterlagen ein düsteres Bild. Die Nachfrage nach Schuldnerberatung steige, dafür gebe es vier Hauptgründe: sehr hohe Lebenshaltungskosten und kaum preiswerter Wohnraum, fehlende Teilzeitarbeitsplätze vor allem für alleinerziehende Frauen, extrem unterbezahlte Vollzeitstellen sowie zu wenige Kinderbetreuungsmöglichkeiten, besonders in den Schulferien. "Trotz Arbeitsstelle, teilweise trotz Vollbeschäftigung, sind viele auf zuzahlendes Arbeitslosengeld II angewiesen", schreibt die Caritas.

Auch das Klientel ändere sich: "Die Zahl der Alleinstehenden, die in die Schuldenspirale gerutscht sind, ist in den letzten Jahren angestiegen. Es sind nicht nur Frauen, sondern sehr häufig auch Männer. Betrachtet man die Ursachen, kristallisiert sich folgendes heraus: Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der geschiedenen Ehefrau und den gemeinsamen Kindern ziehen Einkommenspfändungen bis unter das gesetzliche Existenzminimum nach sich und führen oft dazu, dass die eigenen laufenden Kosten wie Miete und Strom nicht mehr bezahlt werden können. So wird auch die Existenz des Unterhaltsleistenden gefährdet."

Trotz der geringen Arbeitslosigkeit im Landkreis sei Arbeitslosigkeit eine der zentralen Ursachen für den Einstieg in die Schuldenspirale. Nahezu 47 Prozent der beratenen Klienten gingen alters- oder gesundheitsbedingt keiner Berufstätigkeit nach. Bereits ab Mitte 40 habe man kaum noch eine Chance, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und gerate auch in Zeiten des Aufschwungs in die Langzeitarbeitslosigkeit.

Ein großes Problem für die Schuldnerberatung ist, dass die Beratungsstelle meist erst dann aufgesucht wird, wenn eidesstaatliche Versicherung, Räumungsklagen, Lohn- oder Gehaltspfändungen oder Kontopfändungen anstehen. Daher habe in der Schuldnerberatung vor allem die zeitnahe Hilfe zugenommen, die Pfändungsschutzmaßnahmen oder die Abwehr von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen betreffe. Etwa ein Drittel der Schuldnerberatungsklienten leite man an die Insolvenzberatung weiter. Doch auch die Insolvenzberatung stößt ständig an ihre Grenzen: "In keinem Fall war eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Selbst bei möglicher, hoher Ratenzahlung haben viele Gläubiger nicht geantwortet oder abgelehnt", so das Fazit der Caritas. Der Trend der vergangenen Jahre, dass die private Insolvenz für die Klienten der letzte Schritt sei, setze sich fort: "Die Scham, für die eigenen Schulden nicht mehr aufkommen zu können, ist sehr groß." Das führe dazu, dass viele die Beratung gar nicht oder sehr spät in Angriff nehmen würden. Die psychische Belastung sei so hoch, dass manche die Insolvenzberatung abgebrochen hätten, da sie stationär psychisch behandelt werden mussten.

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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