1. Mai:"Wir bräuchten Köpfe mit neuen Ideen"

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Zeigen ihre Kraft: Im Frühjahr 2014 veranstaltet die Gewerkschaft Verdi einen Warnstreik ihrer Mitglieder am Flughafen. (Foto: Marco Einfeld)

Zum 1. Mai ziehen die Gewerkschaften in der Region Erding Bilanz: In manchen Branchen steigen die Mitgliederzahlen zwar wieder, vielen Verbänden fehlt aber der Nachwuchs

Von Tanja Kunesch, Erding

Die Gewerkschaften rund um Erding verzeichnen seit einigen Jahren einen Zuwachs an Mitgliedern. Ziel ist es nun, auch die jüngeren Arbeitnehmer zu motivieren, in einer Gewerkschaft aktiv zu werden; ein Ziel, das auch der Kreisverband Freising-Erding des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) verfolgt: Am 1. Mai lädt er zur Kundgebung im Mayr-Wirt.

Vor allem die schlechten Bedingungen für Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor lassen die Mitgliederzahlen seit einigen Jahren steigen: Der Ortsverein Verdi Flughafenregion zählt aktuell 7000 bis 8000 Mitglieder, genauere Zahlen will Verdi nicht öffentlich machen. So seien die derzeitigen Tarifauseinandersetzungen ein Faktor für den Zuwachs an Mitgliedern, sagt die Verdi-Vorsitzende Monika Ludwig des Ortsvereins Flughafenregion. Sie ist überzeugt, dass der Trend in Zukunft anhalten wird: "Die Menschen haben mittlerweile realisiert, dass sie als Einzelkämpfer nicht weiterkommen." Ihrer Meinung nach hat der Ortsverein bisher eine erfolgreiche Arbeit geleistet. Ludwigs Ziel ist es nun, sich auf die Jugendarbeit zu konzentrieren.

Ähnlich verhält es sich in der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE). Rund 8000 Mitglieder zählt die Region München aktuell. Auch hier steigen die Mitgliederzahlen seit vier Jahren wieder langsam an. Der stellvertretende Bezirksleiter Jörg Kammermann führt das auf die zunehmend globalisierten Firmenstrukturen, die Arbeitsverdichtung und psychische Belastung am Arbeitsplatz zurück. Stolz ist Kammermann jedoch vor allem auf die Jugendarbeit: Mehr als zwei Drittel der Auszubildenden im Bereich Bergbau, Chemie und Energie seien Mitglied in der Gewerkschaft.

Davon kann die Gewerkschaft der Polizei in der Kreisgruppe Erding (GdP) hingegen nur träumen. Der Vorsitzende der Kreisgruppe, Konrad Sigl, blickt sorgenvoll in die Zukunft: "Es wird immer schwieriger, junge Leute zu motivieren. Viele sind skeptisch, einer Solidaritätsgemeinschaft beizutreten. Jeder schaut nur auf sich selbst." Mit der bisherigen Arbeit der Polizeigewerkschaft in Erding ist Sigl jedoch insgesamt zufrieden. Seit Jahren umfasst die Kreisgruppe im Schnitt 400 Mitglieder, davon sind seiner Schätzung zufolge 70 aus dem Landkreis Erding.

Auch Paul Horn ist mit der Entwicklung seiner Gewerkschaft zufrieden: Er ist Kreisvorsitzender der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Erding. Weit mehr als hundert Mitglieder umfasst die GEW in Erding, eine Zahl, die laut Horn in den vergangenen Jahren stets konstant geblieben ist. "Vor allem im Kita-Bereich stoßen wir derzeit auf große Resonanz", sagt Horn. "Die Kollegen sehen, dass sie bei uns gut aufgehoben sind." Wichtig sei jedoch, als Gewerkschaft attraktiv zu bleiben, insbesondere für Jüngere.

Überall sollen die jungen Leute dazu animiert werden, aktiv zu werden und sich zu beteiligen. Auch das Engagement im Kreisverband Freising-Erding des DGB lässt zu wünschen übrig. Der DGB ist der Dachverband, im Kreisverband Erding sind die acht Repräsentanten der hiesigen Gewerkschaften vertreten. Das sind außer GEW, Verdi, GdP und IG BCE auch noch die Gewerkschaft für Bauen, Agrar und Umwelt (IG BAU), die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), und die Gewerkschaft für Nahrung, Genuss und Gaststätten (NGG). Auch die IG Metall ist im Kreisverband des DGB vertreten. Die Verwaltungsstelle in Landshut zählt im Moment 28 353 Mitglieder.

"Viele sind zwar aktiv in einer Gewerkschaft, doch wir brauchen auch welche, die darüber hinaus im Dachverband mitwirken wollen", sagt Willi Scheib. Er war 29 Jahre Vorsitzender des Erdinger DGB, jetzt ist er unter anderem Seniorenvertreter im Kreisverband Freising-Erding

Das soll sich nun ändern: Unter dem Motto "Die Arbeit der Zukunft gestalten wir!" lädt der DGB-Kreisverband Freising-Erding zur Kundgebung zum 1. Mai ein. Nach einer kurzen Begrüßung von Scheib und Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) wird Ludwig Würfl die Mai-Rede halten. Würfl ist DGB-Ortsvorsitzender in Moosburg. Einerseits will Scheib damit die "uralte Tradition" des Arbeitertages aufrechterhalten. Andererseits will er die Leute wachrütteln: "Wir bräuchten Köpfe mit neuen Ideen. Gewerkschaftsarbeit kann und soll nicht nur aus Rentnern bestehen."

Los geht es um zehn Uhr mit der Kundgebung im Gasthaus Mayr-Wirt. Für einen gelungenen Abschluss soll Josefine Gartner mit einem Ausschnitt aus ihrem politischen Programm sorgen.

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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