Entschuldigung Schmids für "Entlausung":"Ich wollte keine Gefühle verletzen"

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Nach seinem auf Rot-Grün gemünzten Ungeziefer-Vergleich steht der CSU-OB-Kandidat Josef Schmid weiter unter Druck. Obwohl sich Schmid entschuldigte, wird der Stadtrat den Aufruf zur "Entlausung" debattieren - der Walhkampfmanager der SPD fordert seinen Rücktritt.

Berthold Neff

Nach seinem auf Rot-Grün gemünzten Ungeziefer-Vergleich steht der CSU-OB-Kandidat Josef Schmid weiter unter Druck. Obwohl sich Schmid bei den Fraktionschefs von SPD und Grünen sowie bei OB Christian Ude entschuldigte, wird der Stadtrat am Donnerstag seinen Aufruf zur "Entlausung" debattieren. Der SPD-Wahlkampfmanager Hans-Ulrich Pfafffmann forderte Schmids Rücktritt.

CSU-OB-Kandidat Josef Schmid (Foto: Foto: dpa)

Josef Schmid, Fraktionschef und Oberbürgermeister-Kandidat der CSU, hatte am Wochenende mit seinem umstrittenen, an die Nazi-Terminologie erinnernden Spruch von der "Entlausung" des bayerischen Löwen von Rot-Grün eine Welle der Empörung ausgelöst. Selbst Bayerns designierter Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) räumte ein: "Wenn man an die Geschichte denkt, ist das in der Tat völlig unpassend."

Dennoch forderte er: "Man sollte aus einem kleinen Tier keinen Elefanten machen." Die SPD sieht das anders. Ihr Kampagnen-Chef für die Kommunalwahl, der Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann, forderte Josef Schmid auf, von seinen Ämtern zurückzutreten.

Zuvor hatte Schmid am Vormittag in Briefen an OB Christian Ude sowie die beiden Fraktionschefs Helmut Schmid (SPD) und Siegfried Benker (Grüne) versichert, es sei ihm nie darum gegangen, "die mir jetzt vorgeworfenen (Miss)Interpretationen hervorzurufen". Schmid: "Weder wollte ich meine Äußerung als Aufruf zur Beseitigung des politischen Gegners noch in einem antisemitischen Kontext verstanden wissen."

Es habe sich dabei vielmehr um einen Aufruf gehandelt, "die Wahl zu gewinnen, was das Anliegen jedes redlichen Demokraten sein darf". Dann entschuldigte er sich nochmals: "Sollten dennoch Gefühle verletzt worden sein, entschuldige ich mich hierfür."

Wie am Montag berichtet, hatte Schmid in seinem Grußwort beim CSU-Parteitag am Samstag der rot-grünen Stadtratsmehrheit vorgeworfen, "wie die Made im Speck der CSU oder wie die Laus in der Mähne des bayerischen Löwen" zu sein und deshalb gefordert, "mit der Entlausung des bayerischen Löwen zu beginnen".

SPD und Grüne wollen die Äußerungen Schmids am Donnerstag zunächst im Ältestenrat und im Stadtrats-Plenum debattieren. Die Fraktionschefs Schmid und Benker zeigten sich einig, dass die auf sie gemünzte Äußerung über die nötige "Entlausung" nicht mit einer "gefühlsduseligen Entschuldigung erledigt sei".

Es gehe nicht um verletzte Gefühle, "sondern um verletzte Grundregeln der politischen Fairness, ohne die eine Demokratie nicht funktionieren kann". SPD-Fraktionschef Helmut Schmid: "Wer den politischen Gegner mit Ungeziefer gleichsetzt und zum Objekt der Schädlingsbekämpfung erklärt, begibt sich in die Begriffswelt der Nationalsozialisten und verlässt die Ebene des demokratischen Diskurses."

Grünen-Fraktionschef Benker warf Josef Schmid vor, sich im Wörterbuch des Nationalsozialismus bedient zu haben, "dessen Vertreter immer gezielt von Läusen und Ratten gesprochen haben, wenn sie ihren Antisemitismus rechtfertigen wollten".

Münchens SPD-Vorsitzender, der Landtags-Fraktionschef Franz Maget, verstärkte am Montag seine Kritik. Er geißelte insbesondere die Reaktion des Münchner CSU-Chefs Otmar Bernhard. Dieser hatte noch während des Parteitags betont, Schmid habe keineswegs eine Verbindung mit der NS-Zeit herstellen wollen.

Mit seinen 38 Jahren sei er so jung, dass er "die Geschichte doch gar nicht mehr kennt". Maget findet, dass man mit diesem Argument "jeden Neonazi in Schutz nehmen" könne. Ein OB-Kandidat, der so verteidigt werden müsse, sei charakterlich für dieses Amt nicht geeignet.

Vor fast genau einem Jahr hatte die Rathaus-CSU Josef Schmid zu ihrem Kandidaten für die OB-Wahl gekürt. Als junger Kandidat soll er für den Neuanfang nach affären- und intrigenreichen Jahren stehen - und für eine Großstadtpartei, die sich wie in der Familienpolitik modernen Lebensformen öffnet.

Beim Streit um die Sendlinger Moschee gelang das nicht immer. Ende Juni eröffnete Schmid dann offiziell den Wahlkampf mit einer Rede im Hofbräukeller. Sie war groß angekündigt worden, unter anderem mit vielen "Schmid spricht" Plakaten. Schmid vermied grobe Attacken und bescheinigte Ude sogar "großes rhetorisches Talent".

Daran hat es Schmid schon vor einem Jahr fehlen lassen, als er im Stadtrat als Udes Herausforderer auftreten wollte. Um zu zeigen, dass Ude sich mit seinen Argumenten im Kreis drehe, fiel Schmid das Bild von der Katze ein, die sich im Kreis dreht, und er sagte zu Ude: "Da beißen sie sich selber in den Schwanz." Das fanden damals noch alle lustig.

© SZ vom 2.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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