"Emma" über München:Orkanböen decken die Oper ab

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Das Tief hat über der Landeshauptstadt getobt und bescherte Polizei und Feuerwehr 720 Einsätze: Ein Werbebanner traf eine Frau am Kopf, das Airport-Center wurde gesperrt, Flüge und S-Bahnen fielen aus und auch das Nationaltheater blieb nicht verschont.

Claudia Wessel

Sturmtief "Emma" hat am Samstag in München eine Schwerverletzte und einigen Sachschaden gefordert. Eine 60-Jährige Frau, die am Samstag gegen 8.30 Uhr in der Theatinerstraße gerade an der Hypo-Kunsthalle vorbeischlenderte, wurde von einem aus der Verankerung gerissenen zehn Quadratmeter großen Werbebanner an der Stirn getroffen. Es war mit zwei Metallrohren an der Fassade befestigt gewesen. Die Frau erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades und wurde in der neurochirurgische Station einer Klinik behandelt.

Einsatz über den Dächern Münchens: Die Feuerwehr auf dem Nationaltheater (Foto: Foto: Feuerwehr)

Polizei und Feuerwehr befanden sich am Wochenende im Dauereinsatz. Die Berufsfeuerwehr, die freiwillige Feuerwehr und das Technische Hilfswerk (THW) zählten bis Sonntagmittag rund 450 Einsätze, die Polizei nochmals 270. "Die meisten waren am Samstag zwischen 9.30 und 11 Uhr zu bewältigen", so ein Polizeisprecher.

Sturm im Doppelpack

Für kurze Zeit brachte "Emma" am Samstagvormittag auch den Winter in die Stadt zurück: Plötzlich war noch einmal alles weiß von Hagel und Schnee, das Eis taute jedoch schnell wieder ab.

Sturm im Doppelpack gab's im Nationaltheater. Während am Samstagabend das Ballett "Der Sturm" von Jörg Mannes nach William Shakespeare auf dem Spielplan stand, gab "Emma" gegen 16.45 Uhr schon mal einen Vorgeschmack.

Wie die Feuerwehr berichtete, "fuhr das Sturmtief in die Dachhaut des Nationaltheaters und klappte diese auf eine Fläche von zirka 200 Quadratmetern zurück". Einsatzkräfte der Höhenrettungsgruppe trennten die zurückgeklappte Kupferdachhaut mit Trennschleifern ab und zerkleinerten sie so, dass man die Einzelteile durch eine Dachluke ins Innere des Theaters bringen konnte.

Die Ränder der verbliebenen Dachhaut befestigten sie mit Holzlatten an der Unterkonstruktion. Und all das, während "Emma" weiter um die Feuerwehrmänner herum blies. Dank deren Hilfe konnte der Shakespear'sche "Sturm" am Abend problemlos aufgeführt werden.

Eine Bilanz des Wochenendes lautet auch, dass die Menschen viel Glück hatten: Entwurzelte Bäume, heruntergefallene Dachziegel oder Blumentöpfe, umgestürzte Bauzäune oder wackelige Baugerüste stellten zahlreiche Gefahren dar. Um die vielen Notrufe bearbeiten zu können, musste das Personal in der Integrierten Leitstelle zeitweise aufgestockt werden.

Insgesamt waren rund 600 Helfer der Feuerwehren und des THW im Einsatz. In Moosach wurde das Dach einer Tennishalle abgedeckt, einige Baugerüste wurden gesichert oder ganz abgebaut. In Unterschleißheim entstand Totalschaden an einem parkenden Mini-Cooper, der von einem vom Dach fallenden Gegenstand getroffen wurde. Zwei "Smart" wurden außerdem von Windböen umgeworfen, ebenso ein Klein-Lkw, der auf der Rosenheimer Straße unterwegs war.

Am Flughafen München wurde für eine Stunde der überdachte Bereich des Munich Airport Centers (MAC) von der Polizei geräumt und gesperrt. Dies sei jedoch reine Vorsorge gewesen, versichert Peter Prümm, Pressesprecher des Flughafens. "Von gewissen Windgeschwindigkeiten an ergreifen wir diese Vorsichtsmaßnahme."

Anstatt zu Fuß durchs MAC zu gehen, wurden die Passagiere mit Bussen befördert. Den Flugverkehr beeinträchtigte "Emma" schon etwas mehr. 140 Maschinen konnten aufgrund des Sturmes erst mit zwei Stunden Verspätung starten. In der kritische Stunde, also am Samstag von 10 bis 11 Uhr, mussten 76 Flüge storniert werden. "Das heißt jedoch nicht, dass Passagiere nicht an ihr Ziel kamen", versichert Prümm. Sie seien lediglich auf spätere Verbindungen umgebucht worden und hätten somit eine Stunde bis eineinhalb Stunden Verspätung in Kauf nehmen müssen.

Einen Schrecken schon vor dem eigentlichen Reiseantritt am Flughafen bekamen einige Fahrgäste auf der Staatsstraße 2084 von Dorfen nach Erding. Gegen 9.40 Uhr wurde hier ein österreichischer Reisebus auf dem Weg zum Airport von einer Windböe erfasst, fuhr in den Straßengraben und kam auf der Seite zum Liegen. Die fünf Fahrgäste, zwei japanische Ehepaare und eine schwedische Reiseleiterin, wurden leicht und mittelschwer verletzt. Der 40-jährige Fahrer blieb unverletzt.

"Emma" brachte auch den Fahrplan der S-Bahnen durcheinander. Während Orkanböen über die Region fegten, kam es im gesamten Netz zu zahlreichen Verspätungen und am Samstag sogar zu einer Streckensperrung für die Flughafenlinie zwischen Leuchtenbergring und Daglfing, die zahlreiche Insassen um ihre Abflüge in Erding bangen ließen. Alles in allem hatte München jedoch Glück. Nicht nur die Personen-, sondern auch die Sachschäden "hielten sich in Grenzen", so die Polizei.

© SZ vom 3. 3. 2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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