Wirtschaft fordert bessere Verkehrsanbindung:Erneut Aufruhr um Bundesstraße

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Industrie- und Handelskammer fordert zeitnahen mehrspurigen Ausbau der B 15. Sollte die Trasse auf der Prioritätenliste des Bundesverkehrswegeplans nach oben rutschen, könnte ein Stück Natur bedroht sein

Georg Reinthaler

- Große Bagger und unzählige Lastwagen wälzen sich durch Emmering. Sie verwandeln einen breiten Landstreifen zwischen Bruckhof und Schalldorf in eine braune Mondlandschaft. Dieses jahrzehntealte Schreckensszenario gewinnt in der kleinen Kommune im südlichen Landkreis dieser Tage wieder an Aktualität. Im Bundesverkehrswegeplan könnte nämlich die geänderte, dann vierspurige Trasse der Bundesstraße 15 zwischen Landshut und Rosenheim in der Prioritätenliste nach oben rutschen. Neu sind jedoch weder die Planungen noch der Widerstand dagegen: Schon vor mehr als 30 Jahren erlebte die Region eine Protestwelle.

"Damals gab es richtig Aufruhr und zum Teil sehr aufwendige Aktionen, um möglichst viele Menschen zu erreichen", berichtet der Emmeringer Max Maier. Der 57-Jährige sitzt für die Grünen im Ebersberger Kreistag und präsentiert einen vollen Ordner mit Unterlagen zu den B 15-Plänen. Neben unzähligen Schreiben an Politiker findet sich darin unter anderem auch ein Foto, auf welchem zu sehen ist, wie die Aktivisten dem damaligen bayerischen Innenminister Edmund Stoiber eine Resolution überreichen. In Emmering und den Nachbargemeinden dokumentierten zu Beginn der 1980er Jahre viele Plakate in den Dörfern und entlang der Straßen den Unmut der Menschen. Mit Gerüstbauteilen sei der geplante Trassenverlauf der Bundesstraße durch das Atteltal sogar als eindrucksvolle optische Warnung dargestellt worden, erinnert sich Maier.

Zwischen Bruckhof und Schalldorf mäandert die Attel durch grüne, unverbaute Natur, besitzt großzügige Überschwemmungsflächen, das ruhige Tal ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Es steht daher als ausgewiesenes FFH-Gebiet unter besonderem Schutz. Neben Resten von Auwäldern und weitgehend naturbelassenen Seitenbächen kommen hier unter anderem die in Bayern vom Aussterben bedrohte Bachmuschel sowie die Orchideenart Gelber Frauenschuh vor.

Längst nicht nur im südlichen Landkreis blicken viele Bürger daher sorgenvoll auf den Entwicklungsprozess des Bundesverkehrswegeplans. Bis zum Jahr 2015 sollen in einer aktualisierten Version dieses Infrastrukturkonzepts zentrale Straßenbaumaßnahmen neu priorisiert und finanziell kalkuliert werden. War das Projekt "B 15 neu" in den vergangenen Jahrzehnten nach den Anwohnerprotesten und aus Kostengründen in der Dringlichkeitsliste herabgestuft worden, ist mittlerweile erneut eine Diskussion entbrannt. So fordert beispielsweise die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, den mehrspurigen Streckenabschnitt der Bundesstraße 15 "endlich durchgängig und zeitnah" zu realisieren. Auf diese Weise ließen sich die heimischen Betriebe durch eine bessere überregionale Verkehrsanbindung stärken. Laut Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) könnten für die neue Trasse ein erhöhter Bedarf geltend gemacht und somit konkrete Planungen eingeleitet werden. Die Bundesregierung rechnet für die vierspurige, etwa 140 Kilometer lange, B 15 mit Gesamtkosten von rund 1,2 Milliarden Euro. Sie soll die Autobahn 93 von Regensburg mit der A 8 bei Rosenheim verbinden und würde auch durch den Landkreis Ebersberg verlaufen.

"Man muss einfach sehen, dass die geplante Trasse unsere Gemeinde durchschneiden und uns eine mögliche Ausfahrt im Verkehr ersticken lassen würde", betont Emmerings Bürgermeister Max Maier (CSU). Innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft mit Aßling und Frauenneuharting ziehe man daher an einem Strang und habe Einwände an die Oberste Baubehörde im Bayerischen Innenministerium geschickt. Ein Ausbau der bislang bestehenden Trasse sei völlig ausreichend. Auch in Ostermünchen, Rott oder Pfaffing formiere sich gemeinsamer Protest von Bürgern und Kommunen. "Ich hoffe sehr, dass wir es schaffen, eine landkreisübergreifende Bewegung ins Leben zu rufen."

Der Grünen-Kommunalpolitiker Max Maier, Namensvetter des Bürgermeisters, möchte die Menschen durch regelmäßige Informationskampagnen hellhörig machen. Er befürchtet, dass viele sich leichtgläubig auf fehlende Finanzmittel des Bundes und das erneute Aussetzen der Pläne verlassen. "Die neue Trasse kommt dann nämlich in den Köpfen solange ganz selbstverständlich wieder nicht, bis sie urplötzlich doch da ist. Und dann ist es zu spät."

© SZ vom 14.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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