Windräder am Rande des Ebersberger Forstes:"Die Bilanz ist positiv"

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Lärm, Schattenwurf, Tierschutz: Der Arbeitskreis Energiewende Vaterstetten beantwortet offene Fragen zum Thema Windpark.

Wind gibt's am Meer, aber doch nicht in Bayern. Außerdem verschandeln Windräder die Landschaft, machen Lärm und werfen Schatten. Und Vögel und Fledermäuse gefährden sie auch noch. Seit am Westrand des Ebersberger Forsts sechs Windkraftanlagen entstehen sollen, gibt es Einwände gegen diese Form der alternativen Energiegewinnung. Der Arbeitskreis Energiewende Vaterstetten um seinen Sprecher Peter Fleckner hat Fakten zusammengetragen, die mit Vorurteilen aufräumen: Ist Windenergie in unserer Region wirtschaftlich zu nutzen? Ja. Dass der Wind auch bei uns weht, wissen wir aus jahrelangen Messungen am alten Riemer Flugplatz, in Fröttmaning und im Ebersberger Forst. Gutachter bestätigen: Wind lässt sich auch im Landkreis Ebersberg trefflich nutzen, vor allem mit modernen hohen Windkraftanlagen. Die Technik hat sich weiterentwickelt, der Wirkungsgrad von Windkraftanlagen mit Nabenhöhen von 140 Metern und mehr sowie Rotorendurchmessern von mehr als hundert Metern hat sich gegenüber dem früheren Stand etwa versechsfacht. Sind Windkraftanlagen am Meer nicht effektiver? Zunächst sind diese sicher effektiver. Zur Lebensdauer und zumWartungsaufwand im aggressiven Seewasserklima gibt es jedoch bisher keine konkreten Erfahrungen. Der verstärkte Anlagenbau in Nord- und Ostsee, aber auch auf dem norddeutschen Festland, erfordert einen massiven Ausbau der Stromleitungstrassen von Nord nach Süd. Das ist mit hohen Kosten verbunden, und es muss mit Widerstand aus der Bevölkerung gerechnet werden. Die Diskrepanz zwischen intensiver Erzeugung im Norden und hohem Bedarf im Süden, am Verbrauchsort, lässt sich zudem erheblich abmildern, wenn man verstärkt auch im Süden elektrische Energie aus Windkraft gewinnt. Auch die Leitungsverluste und der Aufwand an Fernleitungstrassen sind geringer. Da in Süddeutschland die zeitliche Verteilung des Windes anders ist als im Norden, kommt es insgesamt zu einer wesentlich gleichmäßigeren Produktion der Elektroenergie aus Windkraft und damit zu deutlich geringeren Anforderungen an die Bereitstellung von Reservekapazitäten (z.B. Pumpspeicherkraftwerke) durch andere flexible Erzeuger und durch Energiespeicher. Wie umweltfreundlich ist die Windenergie? Die "energetische Amortisationszeit" einer Windenergieanlage liegt bei drei bis sieben Monaten. Das heißt: Nach dieser Zeit hat die Anlage so viel Energie erzeugt, wie zu ihrer Herstellung notwendig war. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren erzeugt ein Windrad 40 bis 70 Mal so viel Energie, wie zur Herstellung, zum Betrieb, zum Rückbau und zur Entsorgung notwendig war. Die Energiebilanz ist im Gegensatz zu fossilen und atomaren Kraftwerken eindeutig positiv. Welche Standorte sind besonders geeignet? Ein Gutachten, das der Landkreis von Fachleuten erstellen ließ, weist 19 geeignete Standorte aus. Sie liegen auf der Moräne, die sich durch den Landkreis zieht. Etwa zehn Windkraftanlagen könnten dort arbeiten. Noch besser geeignet sind Standorte am Rand von Vaterstetten, westlich der A 99 oder nördlich der A 94 zwischen Parsdorf und Grub. Dort strömt der Wind ungehindert über die Schotterebene, vor allem ab einer Höhe von 100 Metern über Grund. Deshalb haben auch die Stadtwerke München den Reiz des flachen Münchner Umlands entdeckt, um aus Wind Strom zu machen. Wie laut sind Windräder? Wie andere technische Anlagen erzeugen auch Windräder, insbesondere durch die Rotordrehung Schall. Um die Anwohner vor Geräuschbelastungen zu schützen, müssen entsprechende Abstände zu Siedlungen eingehalten werden. Die Grenzwerte der zulässigen Schalldruckpegel liegen zwischen 35 Dezibel (A) bei reinen Wohngebieten und 45 Dezibel (A) bei Mischgebieten. Die statistischen Erhebungen im bayerischen Voralpenland zeigen, dass in einer Referenzhöhe von zehn Metern über dem Boden Windgeschwindigkeiten von drei Metern pro Sekunde nur äußerst selten überschritten werden. Hieraus lässt sich ableiten, dass bereits in einer Entfernung von 430 Metern der 35 Dezibel (A)-Grenzwert unterschritten wird. In 1000 Metern Entfernung liegt der Schallpegel dann bei etwa 25 Dezibel (A). Zum Vergleich: In einem ruhigen Schlafzimmer liegt der Schallpegel bei etwa 30 Dezibel (A). Und was ist mit Infraschall? Wir sind in unserer Lebensumgebung ständig Infraschallereignissen ausgesetzt. Bei einer Fahrt in einem Pkw mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h und geschlossenen Fenstern liegt der Infraschallpegel bei etwa 90 Dezibel. Bei einer Windenergieanlage liegt der Infraschallpegel in einer Entfernung von 200 Metern schon unter 60 Dezibel. Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand werden bei Schalldruckpegeln unterhalb von 100 Dezibel keine physiologischen Beeinträchtigungen ausgelöst. Negative gesundheitliche Auswirkungen können erst bei Schalldruckpegeln oberhalb 140 Dezibel nachgewiesen werden. Wie verhält es sich mit dem Schattenwurf? Schattenwurf ist das Problem, das am einfachsten in den Griff zu kriegen ist. Bei dem bewegenden Schatten, der durch die rotierenden Flügel einer Windenergieanlage entsteht, handelt es sich um einen jahreszeitlich und tageszeitlich bedingten Effekt, der nur bei Sonnenschein in bestimmten Bereichen einer Windenergieanlage auftritt. Im Genehmigungsverfahren sind nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz klare Grenzwerte festgelegt: So darf ein Gebäude theoretisch nicht länger als 30 Minuten pro Tag und nicht mehr als 30 Stunden im Jahr dem Schattenwurf ausgesetzt sein. Sollte dies nicht machbar sein, gibt es noch die Möglichkeit der so genannten Schattenabschaltung. Dabei wird die Windenergieanlage per Computerprogramm abgeschaltet, sobald ein Gebäude dem Schattenwurf ausgesetzt ist. Wie stark sind Vögel und Fledermäuse gefährdet? Diese Problematik wurde in der Vergangenheit deutlich zu hoch bewertet, das haben zahlreiche Studien belegt. Man geht davon aus, dass etwa 8000 bis 9000 Vögel im Jahr durch Vogelschlag an Windrädern ums leben kommen. Durch den Straßenverkehr und durch Hochspannungsleitungen kommen jährlich fünf bis zehn Millionen Vögel zu Tode. Wie sehr mindern Windräder den Wert von Immobilien? Was die Immobilienpreise anbelangt, gibt es keine eindeutigen Aussagen, ob Windenergieanlagen negative Auswirkungen haben. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Es ist sicher nicht von der Hand zu weisen, dass potentielle Grundstückskäufer versuchen, die Preise mit dem Argument der benachbarten Windenergieanlage zu drücken. Ob sie sich tatsächlich gestört fühlen, ist eine andere Sache. Eine sichere, emmissionsfreie und nachhaltige Energieversorgung kann auch wertsteigernd wirken. SZ www.energiewende-vaterstetten.de

© SZ vom 27.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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