Schule musste evakuiert werden:Bombendrohung am Grafinger Gymnasium

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Bombenalarm am Gymnasium im oberbayerischen Grafing: 1400 Schüler und 80 Lehrer mussten das Gebäude verlassen. Die Polizei und der Direktor vermuten einen rechtsradikalen Racheakt.

Anna Lindener

Nach einer anonymen Bombendrohung ist das Grafinger Gymnasium um Montagmorgen evakuiert worden. Die mehr als 1200 Schüler und ihre Lehrer wurden in der benachbarten Stadthalle untergebracht, während mehrere Hundestaffeln im Schulhaus nach Sprengstoff suchten. Am Nachmittag war klar: Die Drohung war ein schlechter Scherz, gefunden wurde nichts. Dennoch geht die Polizei nicht von einem Schülerstreich aus, sondern vermutet einen Racheakt mit rechtsradikalen Hintergrund. Vor drei Wochen hatten die Schüler spontan gegen braunes Gedankengut demonstriert, nachdem ihre Schule über Nacht mit Nazi-Parolen beschmiert worden war.

Wegen Bombendrohung geräumt: das Grafinger Gymnasium. (Foto: EBE)

Die Bombendrohung hatte Schulleiter Harald Parigger am Morgen per Post erreicht. Der Direktor reagiert sofort und bittet Schüler und Lehrer gegen 10.30 Uhr per Lautsprecherdurchsage, das Schulhaus aufgrund eines Feueralarms schnellstmöglich, aber geordnet zu verlassen. Der Aufforderung kommen alle mehr als 1200 Gymnasiasten und ihre Lehrer umgehend nach, obwohl niemand recht an eine ernsthafte Gefahr glauben will. "Ach, da ist bestimmt wieder irgendwas im Chemieraum passiert", vermutet etwa die 16-jährige Watthana. Nur die Lehrer sind verunsichert. "Ein Probealarm kann das nicht sein, darüber wären wir informiert worden", sagt Maria Ganslmaier-Hainzl. Den Ernst der Lage erkennen die Beteiligten, als wenig später Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte eintreffen und das Schulgelände weiträumig absperren.

Zu dieser Zeit steht Direktor Parigger bereits auf der Bühne der Stadthalle und informiert über den tatsächlichen Hintergrund der Evakuierung. "Ich sehe einen Zusammenhang zwischen der Drohung und unserer Protestaktion gegen Rechtsextremismus", sagt Parigger. Wenig später werden die meisten Schüler von ihren Eltern abgeholt. Das Landratsamt schickt Busse, um die Fahrschüler nach Hause zu bringen.

Unterdessen laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. "Wir nehmen diesen Fall äußerst ernst", sagt der Leiter der Ebersberger Polizeiinspektion Hendrik Polte, der Sprengstoffsuchhunde aus ganz Oberbayern anfordert. Polte erklärt auch, dass die Polizei eine derartige Reaktion auf die Schülerdemonstration am 22. November bereits befürchtet habe. "Die Bombendrohung ist die übliche feige Methode, gegen die man sich nicht wehren kann", sagt Parigger.

Gegen 15 Uhr am Montagnachmittag folgt die Entwarnung. Sprengmittel oder -vorrichtungen werden nicht gefunden. Die Kriminalpolizeiinspektion Erding hat nun die Ermittlungen wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten übernommen. Den Absender der Bombendrohung erwartet eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Gefreut haben sich die Schüler nicht über den unerwarteten schulfreien Tag. "Ich bin so froh, dass nichts passiert ist und hoffe, dass das nur ein böser Scherz war und in Wirklichkeit nichts dahinter steckt", hofft ein 16-jähriger Schüler, während eine Mitschülerin schimpft: "Wenn das die Antwort auf den Protestmarsch ist, finde ich das total schwach und hinterhältig." Die Courage der Schüler scheint wegen der Drohung keinen Schaden genommen zu haben: "Ich würde trotz der Bombendrohung ohne weiteres noch einmal an einer Demo gegen Neonazis teilnehmen. Die wollen uns nur einschüchtern!"

Ich bin sehr stolz auf unsere Schüler und ich bin auch froh, dass ich hier und nicht woanders bin", zeigt sich Direktor Parigger nach der geglückten Evakuierung froh über die Besonnenheit seiner Schüler und Lehrer. Dennoch sitzt der Schock tief . "Wir sind sehr erschüttert, dass so etwas an unserer Schule passiert", erzählt eine Lehrerin., "Das ist in meiner gesamten Schullaufbahn noch nie passiert und wiederholt sich auch hoffentlich nicht."

Kultusminister Ludwig Spaenle hat die Bombendrohung in Grafing inzwischen kommentiert: "Eine solche Androhung ist kein Kavaliersdelikt. Es ist ein schwerwiegender Angriff auf die Seele der Schüler sowie der Lehrkräfte." Auch die Kreis-Grünen äußerten sich zu dem Vorfall am Gymnasium: "Wir haben keinen Platz für dumpfes, braunes Gedankengut in unseren Gemeinden". Gleichzeitig loben sie die Schüler für ihren Einsatz gegen Neonazis. Der Unterricht soll an diesem Dienstag wieder planmäßig aufgenommen werden.

© SZ vom 20.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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