Naturschutzgebiet in gefahr:Ebersberg verschläft Einspruch

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Der Landkreis versäumt es, in seiner Stellungnahme zu möglichen Standorten für Windräder im benachbarten Rosenheim seine Bedenken anzumelden. Nun hofft man, den Fehler nachträglich beheben zu können

Carolin Fries

"Aus Sicht des Landkreises Ebersberg ergeben sich keine weiteren Anmerkungen." Mit diesem Satz hat das Ebersberger Landratsamt im April dieses Jahres auf die Planung sogenannter Vorranggebiete zur Windkraftnutzung auf jenseits der Landkreisgrenze in der Gemeinde Tuntenhausen (Landkreis Rosenheim) reagiert. Aus Versehen, wie der Büroleiter des Landrats, Norbert Neugebauer, einräumt. Die Stellungnahme "ist uns durch die Lappen gegangen", sagt er.

Während die Planungen zur Windkraftnutzung im Landkreis Ebersberg von Herbst an öffentlich ausgelegt werden sollen, hat der Regionale Planungsverband (RPV) Südostoberbayern seine Fortschreibung des Regionalplans, welche gewisse Vorranggebiete zur Windkraftnutzung oder aber Ausschussgebiete vorsieht, bereits im Anhörungsverfahren gehabt. Dafür hat der RPV, der die Landkreise Rosenheim, Mühldorf, Traunstein, Berchtesgadener Land und die Stadt Rosenheim umfasst, die Regierung von Oberbayern beauftragt. Alle angrenzenden Landkreise wurden dabei aufgefordert, sich zu den Plänen zu äußern. Die Behörde in der Eichthalstraße in Ebersberg wurde am 5. Februar angeschrieben. In dem Schreiben wurde explizit auf die sieben Vorranggebiet an der Landkreisgrenze verwiesen. Darunter befindet sich auch eine etwa 50 Hektar große Fläche, die Teile des Brucker Mooses umfasst, die im Landkreis Rosenheim liegen.

Während sich die Kommunen in Ebersberg entschlossen haben, das Moos in ihrer landkreisweiten Flächennutzungsplanung aus naturschutzrechtlichen Gründen zu schonen, wäre der Bau von Windrädern damit nördlich der Ortschaft Stetten möglich. Das umstrittene Vorranggebiet liegt nordöstlich von Berganger in der gemeinde Baiern. "Ich könnte das nur schwer verstehen, wenn auf der anderen Seite des Landkreises im Brucker Moos Windräder möglich wären", sagte Ebersbergs Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr dazu. Doch über seinen Schreibtisch ist die Stellungnahme, die das Landratsamt am 11. April an die Regierung geschickt hat, nicht gegangen. Und auch nicht über den von Norbert Neugebauer. Er spricht von einer Zeit des "Umbruchs", weil der Landkreis nur ein paar Tage später zur Wahl eines neuen Landrats aufgefordert war. Wäre der Brief aus Rosenheim in seinen Händen gelandet, wäre die Stellungnahme vermutlich anders ausgefallen, denn Gröbmayr und Neugebauer haben sehr wohl Anmerkungen zu machen. Sie haben sogar Bedenken anzumelden. Als "besonders schützenswert" bezeichnet Neugebauer das Brucker Moos, sodass es "auf keinen Fall mit Windrädern bebaut werden" dürfe. Für das Landschaftsbild des Landkreises Ebersberg sei das Feuchtgebiet ein charakteristisches Merkmal - "und letztlich auch darüber hinaus".

Nachträglich will der Landkreis seine Stellungnahme nun beim RPV korrigieren. "Wir werden uns auf jeden Fall beim Planungsverband melden", sagt Neugebauer. Er gehe davon aus, die Stellungnahme noch korrigieren zu können, schließlich laufe das Anhörungsverfahren noch. Doch da irrt Neugebauer. Offiziell ist das Verfahren Ende April geschlossen worden, wie Roman Zott, Geschäftsführer des RPV, sagt. Zahlreiche Stellungnahmen seien eingangenen, berichtet er, die Bearbeitung werde sich hinziehen. "Wenn sich Ebersberg schnell meldet, ist es vielleicht möglich, das zu berücksichtigen." Das würde auch Tuntenhausens Bürgermeister Otto Lederer (CSU) freuen. Anders als der Landkreis Ebersberg, hat der Gemeinderat Anregungen formuliert, das Moos auch auf Rosenheimer Seite aus dem Vorranggebiet zu nehmen, handele es sich doch um ein "besonders schützenswertes Gebiet", wie Lederer erklärt. So gesehen, "blase man doch in das gleiche Horn".

Ob der Regionale Planungsverband diese Töne in seine Gesamtkomposition einfließen lassen wird, wird sich im Herbst zeigen. Dann kommen die 157 Verbandsräte der Planungsregion zusammen, um erneut über die Fortschreibung des Regionalplans zu beraten - und diese womöglich zu beschließen.

© SZ vom 24.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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