Nach Vorstoß des Ministerpräsidenten:CSU-Kreisvorstand sauer auf Seehofer

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Mitglieder betrachten die indirekte Aufforderung zu einer Landtagskandidatur der Europaabgeordneten Angelika Niebler als Einmischung in ihre Angelegenheiten. Die Vaterstettenerin selbst zeigt keine großen Ambitionen für die Landespolitik

Karin Kampwerth

Kaum wird es draußen heiß, herrscht dicke Luft im inneren Zirkel des CSU-Kreisverbandes. Nicht, weil man untereinander uneins wäre, sondern weil sich Vorstandsmitgliedern zufolge Horst Seehofer in eine Angelegenheit einmischt, die ihn schlichtweg nichts angehe. Hintergrund ist die indirekte Aufforderung des bayerischen Ministerpräsidenten, die Europaabgeordnete und Kreisvorsitzende Angelika Niebler aus Vaterstetten möge 2013 für den Landtag kandidieren und den Ebersberger Stimmkreis als Nachfolgerin von Christa Stewens übernehmen, die ihre politische Karriere beenden will. Seehofer habe dies Presseberichten zufolge vor Parteifreunden als Antwort auf die Forderung der Frauen-Union (FU) geäußert, weiblichen Kandidaten bessere Chancen auf ein Direktmandat zu eröffnen. Niebler ist FU-Landesvorsitzende und Initiatorin der Frauenquote in der CSU.

Die 49-jährige promovierte Juristin, die seit 1999 dem Europäischen Parlament angehört und seitdem die Geschäfte der CSU-Europagruppe in Brüssel führt, will Seehofers Aufforderung nicht kommentieren. Allerdings ließ sie durchblicken, dass sie nicht sonderlich erpicht auf einen Posten in der Landespolitik ist: "Ich bin überrascht." Eigentlich sei ihre Lebensplanung eine andere, sie fühle sich in Europa sehr wohl, sagte sie auf Nachfrage der SZ.

Deutlicher äußern sich Nieblers Parteifreunde im Kreisvorstand. Ehrenvorsitzende Christa Stewens ist überzeugt, dass die Vaterstettenerin Seehofer einen Korb geben wird. "Sie will kein kommunales Mandat und auch nicht in den Landtag", sagte Stewens über Nieblers politische Ambitionen. Das habe sie immer wieder deutlich gesagt. Stewens, die von 2001 bis 2008 bayerische Sozialministerin war, habe die Vaterstettenerin mehrmals für andere Posten im Auge gehabt, etwa als Landrätin. "Das hat sie klar abgelehnt." Ohnehin gehöre es nicht zu Seehofers Aufgaben, Kandidaten für den Landtag zu bestimmen. "Die werden bei uns immer noch von der Delegiertenversammlung gewählt."

Demokratie funktioniert von unten nach oben und nicht umgekehrt", richtet der stellvertretende CSU-Kreisvorsitzende Thomas Huber aus Grafing deutliche Kritik an die Adresse des Ministerpräsidenten. Es gebe auch keinen Automatismus, dass auf das Mandat einer Frau wieder eine Frau folgen müsse. Ob er selber 2013 für den Landtag kandidieren will, lässt der 40-Jährige offen. "Das hat familiäre und berufliche Hintergründe", sagte Huber. Erste Sondierungsgespräche darüber, wer Stewens Nachfolger werden könne, wolle der Kreisvorstand im Herbst führen.

Der Kreisvorsitzende der Jungen Union, Tobias Scheller, ist ebenfalls nicht gut auf Seehofers Vorstoß zu sprechen. Er habe am Dienstag mit Angelika Niebler telefoniert. Dabei habe sie deutlich gemacht, dass sie sich Europa sehr verbunden fühlt. "Da will sie weitermachen", sagte Scheller. "Sie macht ja in Brüssel auch einen Riesen-Job." Die Aussage des Ministerpräsidenten empfindet er als Affront. Es sei schade, dass Seehofer Niebler eine Landtagskandidatur offenbar nur wegen der Diskussion um eine bessere Beteiligung der Frauen nahelege. "Wenn sich Seehofer schon einmischen will, dann an der richtigen Stelle", schimpfte Scheller. So habe der Erdinger Landtagsabgeordnete Jakob Schwimmer, 63, eine erneute Kandidatur angekündigt. "Und das, obwohl Ulrike Scharf in den Startlöchern steht", sagte Scheller über die Ambitionen der 44-jährigen Bezirksvorsitzenden der Frauen-Union.

© SZ vom 02.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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