Nach Lastwagenunfall:Im Sinne der Tiere

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Veterinäramt verteidigt Tötung von 670 Ferkeln

Anna Müller

Die Tötung von 670 Ferkeln anzuordnen ist keine populäre Entscheidung. Auch Amtstierärztin Birgitt Huber vom Veterinäramt Ebersberg fiel es schwer, genau dies zu tun, nachdem am Freitag auf der A 99 ein Schweinetransporter verunglückt war. Nun ist sie Anfeindungen per E-Mail ausgesetzt, die ihre Entscheidung in Frage stellen. Nach Angaben von Evelyn Schwaiger, der Pressesprecherin des Landratsamtes, wird ihr sogar vorgeworfen, selbstgerecht gehandelt zu haben, um die Schweine nur möglichst schnell loszuwerden. Dass sie aber ihre Entscheidung vor allem im Sinne der Tiere getroffen habe, bestätigen nun auch andere Fachleute aus dem Landkreis.

Huber war nach Berichten des Einsatzleiters der Feuerwehr Parsdorf-Hergolding, Albert Wirth, die meiste Zeit selbst am Unfallort und traf ihre Entscheidung ganz bewusst. Das größte Problem war, eine Notunterkunft für die noch lebenden Ferkel zu finden. "Bereits vor dem Eintreffen der Amtstierärztin hatten Polizei und Feuerwehr sich vergeblich um einen Ersatz-Transporter für den verunglückten Tiertransport und eine Unterbringungsmöglichkeit für die Jungschweine bemüht", heißt es in der offiziellen Stellungnahme des Landratsamtes. "Das wäre schon eine sehr große logistische Leistung gewesen", sagt auch Großtierarzt Michael Schulte-Langfort aus Ebersberg. "Selbst wenn man einen Ersatz-Transporter gefunden hätte, wäre man vor dem Problem gestanden, wo man die vielen Tiere dann unterbringt. Hier im Landkreis gibt es meines Wissens nur zwei große Schweineställe."

So schien allen Beteiligten die Notschlachtung als die beste Lösung, denn in dem umgekippten Transporter lagen die Schweine teilweise übereinander und waren zum Teil eingeklemmt. Die unten liegenden Tiere drohten erdrückt zu werden oder zu ersticken. Zudem herrschten in der Nacht Temperaturen von bis zu zehn Grad unter Null. "Wäre es wärmer gewesen, hätte man die Tiere aus dem Transporter befreien und in einen mobilen Weidezaun oder Bauzaun auf dem Feld unterbringen können. Da die Jungschweine die herrschende Kälte nicht hätten aushalten können, bestand diese Option leider nicht", heißt es im Bericht des Landratsamtes weiter. Dies bestätigt auch Schulte-Langfort. "Schweine sind mittlerweile so gezüchtet, dass sie kaum Fell haben. Im Erzeugerbetrieb herrschen konstante Temperaturen von 15 bis 20 Grad, die Tiere sind die Kälte also gar nicht gewohnt und wären draußen wahrscheinlich innerhalb weniger Stunden qualvoll erfroren", erklärt er. Es musste schnell eine Lösung gefunden werden, da zu befürchten war, dass die ohnehin sehr Stress empfindlichen Tiere ansonsten elend zugrunde gehen würden.

Auch für den Verzehr waren die Ferkel dann aufgrund der Stresshormone nicht mehr geeignet. "Durch das Adrenalin wäre das Fleisch zäh wie ein Stück Leder", sagt Schulte-Langfort. Und das würde der Verbraucher dann nicht mehr kaufen. Eine schonende Schlachtung mit viel Ruhe und Sorgfalt ist auch für Karl Schweisfurth, Geschäftsführer der Hermannsdorfer Landwerkstätten, wichtig für die Produktion qualitativ hochwertigem Fleisches. "Wenn die Schweine beim Schlachten nervös werden, dann ist das Fleisch später sehr wässrig und wird beim Braten trocken", erklärt er. Schonend herrgestelltes Fleisch habe aber auch seinen Preis. "Da sollte sich wirklich jeder an die eigene Nase fassen uns sich fragen, wie billig Fleisch denn noch sein sollte", so Schweisfurth. "Der einfachste Weg wäre eigentlich, wenn wir alle nur noch halb so viele Schweine essen würden

© SZ vom 26.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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