In Kirchseeon:Zufluchtsort für junge Flüchtlinge

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Im Berufsbildungswerk Sankt Zeno sollen bis zu 23 unbegleitete Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren eine Unterkunft finden und erste berufliche Grundlagen erlernen

Von Barbara Mooser

Sie haben nicht nur ihre Heimat hinter sich gelassen, sondern auch ihre Familien: Kinder und Jugendliche, die als Flüchtlinge nach Bayern kommen, fühlen sich oft besonders einsam und orientierungslos. Einige von ihnen sollen künftig im Landkreis die Betreuung und Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Das Berufsbildungswerk Sankt Zeno in Kirchseeon richtet sich darauf ein, bis zu 23 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen und ihnen den Weg in die Normalität zu ebnen. Derzeit werden noch letzte Details für den Genehmigungsbescheid mit der Regierung von Oberbayern geklärt. In Parsdorf leben bereits vier junge Leute in einer Wohngruppe, weitere sieben werden möglicherweise in Vaterstetten unterkommen können.

Dass die Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren nun nicht mehr in Sammelunterkünften weitgehend auf sich selbst gestellt sind, ist einem Paradigmenwechsel in der bayerischen Flüchtlingspolitik zu verdanken. Fachleute sollen sich nun um die jungen Flüchtlinge kümmern und ihnen die Unterstützung zukommen lassen, die gerade sie brauchen. Alle Jugendhilfeeinrichtungen in Bayern sind bereits aufgefordert worden zu prüfen, ob sie Flüchtlinge aufnehmen können. Das hat auch das Berufsbildungswerk Sankt Zeno in Kirchseeon getan und bereits ein positives Signal an die Regierung von Oberbayern gesendet. In der Einrichtung, die ansonsten lern- oder psychisch behinderten jungen Menschen Orientierung, Unterstützung und Förderung bei ihrer beruflichen Entwicklung und Ausbildung bietet, könnten künftig junge Flüchtlinge unterkommen, bei denen bereits geklärt wurde, woher sie kommen und wie ihr physischer und psychischer Zustand ist.

Starten soll das Angebot laut Geschäftsführer Bernd Zimmer zunächst mit einer Gruppe für neun junge Leute, die intensive Betreuung durch Sozialpädagogen und Erzieher sowie - falls nötig - externe Fachleute erhalten werden. Platz ist vorhanden: Es handelt sich laut Zimmer um das Ursprungsgebäude des Berufsbildungswerks, einen früheren Bauernhof. Hier wurden in der Vergangenheit Internatsschüler untergebracht, in jüngster Zeit wohnten hier Teilnehmer von Weiterbildungsmaßnahmen, die durch das Jobcenter finanziert wurden. Für fast jeden Jugendlichen könnte das Berufsbildungswerk ein Einzelzimmer anbieten und ihnen so die nötigen Rückzugsmöglichkeiten bieten. Darüber hinaus gibt es einen Gruppenraum, eine Küche und ein Erzieherbüro. "Ich denke, die Räumlichkeiten sind recht großzügig", sagt Zimmer.

Die jungen Leute sollen in Kirchseeon nicht nur wohnen, sie sollen auch eine neue Perspektive für ihr Leben finden. In einem Berufsintegrationsjahr sollen die Flüchtlinge, wie Zimmer erläutert, intensiven Deutschunterricht erhalten und sich gleichzeitig in den verschiedenen Werkstätten ein Bild von den möglichen Berufen machen. Denkbar wäre aber auch, dass die jungen Leute gleich in Ausbildungsbetrieben mitarbeiten, falls sie sich dazu eignen. Chancen für die jungen Flüchtlinge sieht der Geschäftsführer des Berufsbildungswerks durchaus im Landkreis: Schließlich fehle es an Arbeitskräften, daher könnten junge Flüchtlinge, die beispielsweise am Bäckerhandwerk oder an einem Arbeitsplatz in der Gastronomie Interesse hätten, sicher gut unterkommen. Im Übrigen, betont Zimmer, sei auch das ein großer Vorteil des Standorts Kirchseeon: dass die Jugendlichen auch mit der S-Bahn zu ihren Arbeitsplätzen kommen könnten.

Noch ist es allerdings nicht so weit, denn einige Hürden müssen noch überwunden werden, damit es möglich ist, die ersten Flüchtlinge - wie bisher geplant - bereits Anfang April aufzunehmen. So muss nicht nur der Genehmigungsbescheid ausgestellt, sondern auch das nötige Personal eingestellt werden. Vor allem weitere Sozialpädagogen werden noch gebraucht. In den nächsten Tagen wird Zimmer auch einige andere Berufsbildungswerke in Bayern besuchen, um sich ein Bild davon zu machen, wie dort die Flüchtlingsbetreuung gehandhabt wird.

Das Berufsbildungswerk ist allerdings nicht der einzige Ort im Landkreis, wo junge Flüchtlinge betreut werden. In Parsdorf wohnen nach Angaben von Landratsamts-Sprecherin Evelyn Schwaiger bereits jetzt vier junge Leute in einer Wohngruppe der "Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe Feldkirchen". In Vaterstetten plant eine Münchner Einrichtung ebenfalls eine Wohngruppe für sieben junge Flüchtlinge. Hier ist das Genehmigungsverfahren noch ganz am Anfang.

© SZ vom 15.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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